Schüsse in Wächtersbach:"Eine abscheuliche Tat"

Politiker zeigen sich bestürzt über den Anschlag eines mutmaßlichen Rassisten auf einen Eritreer in einer hessischen Kleinstadt.

Von Susanne Höll, epd, Frankfurt

Die hessischen Sicherheitsbehörden haben nach wie vor keine Hinweise, dass der mutmaßlich rassistische Attentäter von Wächtersbach Kontakte zu rechtsextremen Kreisen hatte. Derzeit werden nach Angaben der hessischen Generalstaatsanwaltschaft die Kommunikationsgeräte des 55 Jahre alten Schützen ausgewertet. Davon erhoffen sich die Ermittler weitere Hinweise auf dessen Motiv. Der Täter hatte am Montag mehrmals einem aus Eritrea stammenden 26 Jahre alten Mann in den Bauch geschossen und ihn schwer verletzt. Der junge Mann wurde im Krankenhaus operiert und soll inzwischen außer Lebensgefahr sein.

Der mutmaßliche Täter tötete sich später mit einer der sechs Waffen, die er besessen und als Mitglied eines Schützenvereins legal erworben hatte. Nach offiziellen Angaben war er im Besitz von 1000 Schuss Munition gewesen.

In der Wohnung des mutmaßlichen Täters fanden sich Gegenstände mit Nazi-Symbolen

In Ermittlerkreisen wurden Berichte bestätigt, dass der mutmaßliche Täter vor und offenbar auch nach den Schüssen in seinem Stammlokal über sein Attentat gesprochen hatte. Die Fahnder gehen auch nach Zeugenbefragungen davon aus, dass er ein Sonderling war und vom Leben enttäuscht. In seiner Wohnung hatte man Gegenstände mit Nazi-Symbolen gefunden. Eine Nähe oder die Mitgliedschaft in einer womöglich gewaltbereiten rechtsradikalen Organisation ließ sich bislang aber nicht nachweisen.

Nach der Landesregierung in Wiesbaden, der im südlichen Hessen gelegenen Stadt Wächtersbach und zahlreichen Organisationen, verurteilte auch die Bundesregierung das Attentat scharf. Es handele sich um "eine abscheuliche Tat, die nicht hingenommen werden darf", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin. Man sei bestürzt und wünsche dem Opfer bestmögliche Genesung. Die Strafverfolgungsbehörden würden die Tat konsequent und mit allen Mitteln aufklären.

In Wächtersbach, einer Kleinstadt mit etwa 12 000 Einwohnern, versammelten sich am Dienstagabend einige Hundert Menschen zu einer Mahnwache gegen Rassismus und Gewalt. Bürgermeister Andreas Weiher (SPD) sagte, ein weiteres Mal sei nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke aus Gedanken eine Tat geworden, "die uns erschüttert". Weiher beklagte eine "neue Qualität von gelebtem Rassismus" in der Gesellschaft und zeigte sich fassungslos über Hass- und Hetzkommentare im Internet. In Anspielung auf Berichte, wonach der mutmaßliche Täter die Tat zuvor angekündigt hatte, appellierte er an die Bürger: "Nehmt die Signale ernst, nehmt sie wahr!"

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