Schröder-Porträt im Kanzleramt:Endlich goldgefärbt

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Gerhard Schröder kehrt zurück ins Kanzleramt, ist nett zu Angela Merkel und freut sich, dass man dort nun doch ein richtig gutes Bild von ihm hat.

Nico Fried

Ganz so golden ist das Bild eigentlich gar nicht. Man kennt das Porträt Gerhard Schröders ja bisher vor allem von der Seite 1 der Bild-Zeitung, wo es ziemlich knallig wirkte, fast so, als habe die Fotoredaktion am Altkanzler ein bisschen herumgefärbt.

Schröder doppelt: Einmal in Gold und einmal in echt (Foto: Foto: AP)

Aber hier, in der Galerie des Bundeskanzleramtes, erscheint einem das Blau Helmut Kohls jedenfalls blauer als das Gold Schröders golden. Angela Merkel wird dazu später einen wunderbaren Satz sagen, aber natürlich steht jetzt erst einmal der Vorgänger im Mittelpunkt.

Die Macht und ein Blumenstrauß

Denn dies ist ja auch die Geschichte einer Rückkehr: Ziemlich genau um 11.15 Uhr am Dienstag betritt Gerhard Schröder wieder seine alte Wirkungsstätte, wo das Kanzler-Bild des Malers Jörg Immendorff präsentiert wird.

Als Schröder letztmals in diesem Gebäude war, übergab er Angela Merkel einen Blumenstrauß. Und die Macht.

Diesmal empfängt ihn Thomas de Maizière, der Chef des Kanzleramts, und geleitet den Gast in eine obere Etage, wo die Nachfolgerin schon wartet. Die beiden reden ein bisschen über moderne Kunst und darüber, dass nicht alle ihre Vorgänger sich dafür interessierten.

Schließlich setzen sie sich gemeinsam in Bewegung, was die Kanzlerin zu der Bemerkung veranlasst: "Wann wir schreiten Seit' an Seit'..."

Die Kanzlergalerie befindet sich im Foyer im ersten Stock, eine hohe Wand aus Steinplatten in sandfarbenem Ton, wo der goldene Schröder schon hängt und nun auf den echten wartet. Immendorff, der vor einigen Wochen starb, hat einmal erzählt, schon im März 2000 in der georgischen Hauptstadt Tiflis habe er vom Kanzler den Auftrag erhalten, das Porträt zu malen.

Als es im Januar 2007 fertig war, stand Schröder davor und sagte: "stark". Dann kaufte er das Bild und schenkte es dem Kanzleramt.

Lommeliger Kragen

Da hängt es nun neben den Bildnissen der sechs Vorgänger. Die Reihe beginnt ganz rechts mit Konrad Adenauer, und nur zwischen Helmut Schmidt und Helmut Kohl fällt durch einen schmalen Fensterspalt etwas Licht, was man als ein zufälliges Symbol für den Fall der Mauer und die Wiedervereinigung interpretieren könnte.

Alle Kanzler sitzen, nur Schröder mutmaßlich nicht, jedenfalls ist kein Stuhl zu sehen. Er ist auch der Einzige, der auf seinem Porträt kein Sakko trägt, ja sein Kragen wirkt so lommelig, dass man sogar auf die Idee kommen könnte, der Altkanzler trage nur ein Polohemd unter der Krawatte.

Das Original steht jetzt vor seinem Abbild, hält wie früher das Rednerpult so fest, als müsse er es am Umfallen hindern, und sagt, dies sei "ein guter Abschluss einer Arbeit, die mir überwiegend Spaß gemacht, und nur gelegentlich auch Ärger eingebracht hat".

Er erinnert an Immendorff, "den ich glaube, einen Freund nennen zu dürfen". Es folgen ein paar Späßchen mit den Journalisten, die freilich nicht übermäßig originell geraten, sondern eher so, als wolle er halt sein, wie er immer war.

Die universell Einsetzbaren

Schließlich wendet sich Schröder noch einmal an die "verehrte, liebe Frau Bundeskanzlerin", weist auf die leere Stelle neben seinem Bild und sagt, man wisse zwar noch nicht wann, aber eines Tages werde sie da wohl neben ihm hängen.

Man möge sie beide dann aber bitte nicht "zum Traumpaar der Politik stilisieren". Dies wäre in Erinnerung an manche Diskussion in der Vergangenheit "doch übertrieben", sagt Schröder, der Merkel noch in der Wahlnacht 2005 in jener legendären Fernsehrunde prophezeite, sie werde niemals Kanzlerin.

Diese Angela Merkel begrüßt ihn mit "sehr geehrter Herr Bundeskanzler, lieber Herr Schröder". Dann blickt sie zu Frank-Walter Steinmeier, dem früheren Chef des Hauses, und Franz Müntefering, dem einstigen Partei- und Fraktionschef, die neben Schröder stehen, und sagt: "Die Große Koalition macht es möglich, dass Sie sich hier nicht alleine fühlen müssen, weil Sie Kameraden mitbringen konnten, mit denen ich auch gut zusammenarbeite."

Und da kommt für einen Moment nochmal der echte, alte Schröder zum Vorschein, der herrlich zweideutig dazwischenruft: "Die sind eben universell einsetzbar."

Schröder will Ruhe in der Koalition

Wie man überhaupt das Gefühl hat, dass Merkel und Schröder mittlerweile zumindest recht inspirierend aufeinander wirken. Schon vor ein paar Tagen hat Schröder bei einer Begegnung auf dem Hoffest der SPD bei einem Glas Wein mit Merkel einen hübschen Witz gemacht.

Der Mann, der sieben Jahre lang einer Regierung vorstand, die ganz sicher nicht zuletzt für ihr Chaos bekannt war, soll seiner Nachfolgerin zugeraunt haben, es müsse jetzt mal Schluss sein mit den Streitereien in der Großen Koalition, "wir in der Wirtschaft brauchen Ruhe."

Am Dienstag aber kommt die Revanche. Das Bild Immendorffs habe hier in der Galerie doch eine überraschend andere Wirkung als in den Zeitungen, sagt Merkel. Und dann folgt dieser eine, überaus ungelenke und doch den einstigen Medienkanzler trefflich beschreibende Satz, wonach die Wirkung des Schröder-Bildes wohl "lichtmäßig sehr scheinwerferabhängig" sei.

Weil Schröder das auch lustig findet, ist allgemein entspannte Stimmung zu verzeichnen, ganz anders übrigens als 2003, als das Bild von Helmut Kohl hier eintraf. Der CDU-Kanzler hatte lange gezögert, sogar noch die Wahl 2002 abgewartet, in der Hoffnung, sein Porträt würde nicht vom Sozi Schröder entgegengenommen.

Warum wird der Schröder nicht aufgehängt

Als es letztlich nicht mehr zu vermeiden war, blieb Kohl dem Kanzleramt fern und schickte lediglich seinen früheren Staatssekretär Anton Pfeifer zu der kleinen Zeremonie, von der Teilnehmern vor allem die miese Stimmung in Erinnerung geblieben ist.

Das wird nach diesem Vormittag nicht der Fall sein, zumal sich Merkel für den Schluss ihrer Rede eine Pointe aufgehoben hat, auch wenn man bei ihr nie weiß, ob die Formulierungen Absicht oder Versehen zu verdanken sind.

Jedenfalls endet sie mit dem Hinweis, dass die rund 100000 jährlichen Besucher des Amtes nun vor der Kanzlergalerie nicht mehr fragen müssten: "Warum wird der Schröder nicht aufgehängt?"

© SZ vom 11.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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