Krieg in der Ukraine:Scholz und Biden ringen um Panzerfrage

Krieg in der Ukraine: Und er bewegt sich doch: Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Auftritt vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos.

Und er bewegt sich doch: Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Auftritt vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos.

(Foto: Markus Schreiber/AP)

Der Kanzler ist offenbar zur Lieferung von "Leopard 2" an die Ukraine bereit. Aber nur unter der Voraussetzung, dass auch der US-Präsident Kampfpanzer zur Verfügung stellt.

Von Daniel Brössler Georg Ismar, Wolfgang Krach, Nicolas Richter, Mike Szymanski und Vivien Timmler

Bundeskanzler Olaf Scholz ist nach Informationen der Süddeutschen Zeitung offenbar zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine bereit, allerdings unter einer Bedingung. In einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden am Dienstag soll er klargestellt haben, dass Deutschland dem Druck zur Lieferung nur nachgeben könne, wenn die USA ihrerseits Kampfpanzer vom Typ Abrams lieferten. Scholz hat stets betont, es werde bei der militärischen Unterstützung der Ukraine keine deutschen Alleingänge geben. Biden legte sich in dem Gespräch offenbar nicht fest. Unklar blieb, ob dies noch vor dem Treffen der Ukraine-Unterstützer in Ramstein an diesem Freitag geschieht.

Beim Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos am Mittwoch hielt sich Scholz allerdings noch bedeckt. Deutschland liefere der Ukraine bereits "in Abstimmung mit unseren Partnern kontinuierlich Waffen in großem Umfang - darunter Flugabwehrsysteme wie Iris-T oder Patriot, Artilleriegeschütze und Schützenpanzer", sagte er. Das sei Teil einer tief greifenden Zeitenwende in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Damit der Krieg ende, "muss Russlands Aggression scheitern", sagte Kanzler Scholz. Allen voran die G-7-Staaten würden der Ukraine "finanziell, wirtschaftlich, humanitär und militärisch" beistehen, so lange es nötig sei.

Weil der "Leopard" aus Deutschland kommt, muss die Bundesregierung jede Lieferung genehmigen

Neben Polen hatten zuletzt andere europäische Staaten wie Litauen darauf gedrungen, der Ukraine zügig Kampfpanzer zu liefern. Litauens Staatspräsident Gitanas Nausėda sagte in Davos: "Wir befinden uns in einer Situation, in der ein stärkeres Engagement erforderlich ist, um gepanzerte Fahrzeuge in die Ukraine zu liefern." Vertreter mehrerer weiterer EU-Länder hatten sich der Forderung angeschlossen, ebenso das Europaparlament sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Scholz hatte nach einer Zusage der USA, Schützenpanzer zu liefern, ebenfalls entschieden, etwa 40 Marder-Schützenpanzer in die Ukraine zu schicken. Bisher haben die USA aber keine Kampfpanzer-Lieferungen angekündigt. Am Dienstag hatte Scholz erneut mit US-Präsident Joe Biden telefoniert. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage der weiteren Unterstützung der Ukraine. "Beide stimmten überein, dass diese Unterstützung wirksam, nachhaltig und eng abgestimmt erfolgen müsse", teilte die Bundesregierung mit. Die Herstellerfirma Krauss-Maffei Wegmann hat bisher etwa 3600 Leopard-2-Kampfpanzer gefertigt und an viele Länder geliefert.

Da das Modell aus deutscher Produktion stammt, muss die Bundesregierung jede Lieferung an ein weiteres Land genehmigen. Der Chef des Rüstungskonzerns Rheinmetall, Armin Papperger, hatte zudem zuletzt betont, eine Instandsetzung und Lieferung bestimmter Modelle könne bis Anfang 2024 dauern. Mit Sorge sieht der Westen jedoch, dass Russland seine Kriegsführung noch einmal intensivieren könnte. Wegen der Luftangriffe mit Dutzenden Toten wie am Wochenende in Dnipro hatte der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter zudem den Rückkauf von 15 zum Schutz der Fußball-WM an Katar abgegebenen Gepard-Flugabwehrpanzern gefordert.

Der in Davos per Video zugeschaltete ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij drängte zu Eile. Panzer und Flugabwehrsysteme müssten an die Ukraine schneller geliefert werden als die russischen Angriffe auf sein Land erfolgten, sagte er. Russland warf er vor, Terror zu exportieren. Unterdessen deutete Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch an, dass der Krieg nicht bald ende. In der Ukraine und "in jedem an Russland grenzenden Gebiet darf es keine militärische Infrastruktur geben, die unseren Staat bedroht", sagte er. Lawrow beschuldigte die USA, den Rest der Welt unterjochen und gegen Russland aufbringen zu wollen, und zog dabei einen Vergleich mit Hitler.

Auch in der SPD wächst der Druck auf Scholz, sich rasch zu entscheiden

Für den neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wird es ein Kaltstart: An diesem Donnerstagmorgen erhält er von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Ernennungsurkunde. Um 9 Uhr wird Pistorius vereidigt, um 9.40 Uhr empfängt der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, den neuen Minister im Bendlerblock. Um 10.20 Uhr folgt ein Treffen mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Dabei wird es um die Vorbereitung der Ramstein-Konferenz der westlichen Ukraine-Alliierten am Freitag gehen, vor allem um weitere Militärhilfe.

Pistorius hatte sich überrascht gezeigt, als Scholz ihn um die Amtsübernahme gebeten hatte. Die Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführerin Katja Mast wies den Eindruck zurück, andere Kandidaten hätten abgewinkt. "Boris Pistorius ist für mich nicht zweite Wahl, sondern erste Wahl."

In der Panzerfrage wächst auch in den SPD-Reihen der Druck auf Scholz. Wolfgang Hellmich, verteidigungspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, geht davon aus, dass Deutschland sich den Verbündeten anschließt und Leopard-Kampfpanzer liefert.

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