Scholz in Saudi-Arabien:Schwieriger Besuch bei einem gefragten Mann

Scholz in Saudi-Arabien: Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman begrüßt den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz.

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman begrüßt den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz.

(Foto: Untitled/AP)

Der Bundeskanzler will Energie, der Kronprinz ein Ende des Exportstopps für deutsche Rüstungsgüter. Trotz klarer Wünsche dämpft die Bundesregierung die Erwartungen für konkrete Ergebnisse der Reise.

Von Daniel Brössler, Dschidda

Über den Empfang kann sich Olaf Scholz schon mal nicht beklagen. Kronprinz Mohammed bin Salman begrüßt den Kanzler aus Deutschland an der Pforte des Al-Salam-Palastes in Dschidda mit einem nicht überschwänglich herzlichen, aber doch freundlichen Handschlag. Scholz lächelt gut aufgelegt, seine Mission kann beginnen. Für ihn ist es das erste Treffen mit dem saudischen Machthaber, abgesehen von einer kurzen Begegnung während des G20-Gipfels 2021 in Rom, zu dem er die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel begleitet hatte. Als Kanzler hat Scholz mit dem Kronprinzen bisher nur höflich telefoniert. Nun geht es zum Auftakt seiner Golf-Reise darum, eine Beziehung zu knüpfen zu dem Mann, der die Geschicke des ressourcenreichen Königreiches voraussichtlich für viele Jahrzehnte lenken wird. Die Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben Mohammed bin Salman, Abkürzung MBS, zu einem im Westen begehrten Mann gemacht.

Auf MBS ruhen viele Hoffnungen, wenn es darum geht, die außer Kontrolle geratenen Rohstoffpreise zu bändigen und den Ausfall russischer Lieferungen zu kompensieren. Deutschland ist darauf noch dringender angewiesen als viele andere, wobei man in der Bundesregierung lieber von "gemeinsamen Interessen" spricht. Natürlich sei "das keine ganz gewöhnliche Reise", wird eingeräumt. Es seien schwierige Partner, auf die man da treffe. Trotzdem könne man sich den Gesprächen nicht verschließen. So sei "nun mal die Wirklichkeit". Im Palast in Dschidda erweist sich der schwierige Partner zumindest als äußerst gesprächig: Schon das Delegationsgespräch dauerte deutlich länger als geplant. Zudem sprachen beide 25 Minuten unter vier Augen.

Joe Biden war auch schon da, MBS als Gast in Paris

Gerade einmal vier Jahre ist es her, dass der Journalist und Regierungskritiker Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul ermordet und anschließend zerstückelt wurde. Ausgeführt hatte den Mord nach türkischen und amerikanischen Erkenntnissen ein 15-köpfiges Kommando aus Saudi-Arabien. Die USA identifizierten Mohammed bin Salman als mutmaßlichen Auftraggeber, was Saudi-Arabien allerdings stets bestritten hat. Inzwischen freilich darf sich der Kronprinz rehabilitiert fühlen. Die türkische Justiz schloss im April die Akten. Im Juli empfing ihn der französische Präsident Emmanuel Macron im Elysée-Palast, zuvor hatte ihm US-Präsident Joe Biden in Dschidda seine Aufwartung gemacht - wiewohl er noch im Wahlkampf angekündigt hatte, den Kronprinzen wie einen Aussätzigen behandeln zu wollen.

Man mache keine Abstriche "an der klaren Verurteilung und Einordnung des Mordes an Khashoggi", wurde vorab in Berlin versichert. Und natürlich sei "das Thema der Menschen- und Bürgerrechte eines, das wir auf unsere Reise mitnehmen". Welchen Eindruck das auf die Gesprächspartner macht, ist schwer zu sagen. Keiner der Herrscher, von denen Scholz während seiner Golfreise empfangen wird, hat sich zu einer gemeinsamen Pressekonferenz bereit erklärt. Auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Katar wird nur Scholz allein aus den Gesprächen und von möglichen Erfolgen berichten können.

Deutschland braucht Energie, MBS will deutsche Rüstungsgüter

"Wir haben alle Fragen besprochen, die sich um Fragen der Bürger- und Menschenrechte drehen", sagt Scholz nach dem Gespräch mit dem Kronprinzen zur Frage, ob er den Fall Khashoggi angesprochen habe. Vorher aber erwähnt er die Zusammenarbeit für eine "CO2-neutrale Zukunft". Es gehe darum, künftig "in großem Umfang" Wasserstoff auch aus Saudi-Arabien einzusetzen. Deutschland erhofft sich aus der Region längerfristig grünen Wasserstoff für die Energiewende, dringend aber baldige Lieferungen für die im Bau befindlichen Terminals für Flüssiggas (LNG). Das war auch schon das Ziel einer Reise des grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck im März in die Region gewesen, die allerdings deutlich weniger konkrete Ergebnisse zeitigte, als es zunächst den Anschein hatte. Nun schraubte Habeck die Erwartungen abermals hoch, diesmal an die Scholz-Reise. Bei der Station in den Vereinigten Arabischen Emiraten würden "sicherlich einige Verträge" für LNG abgeschlossen werden können, kündigte er an. Es gehe nicht um eine "Energie-Einkaufstour", stellte das Scholz-Team klar. Die Reise solle vor allem ein günstiges Umfeld schaffen. Die eigentlichen Verhandlungen sind schwierig, weil Deutschland aus Sorge um die Energiewende allzu langfristige Verpflichtungen fürchtet.

Begleitet wird der Kanzler von einer Wirtschaftsdelegation, der unter anderen der Hamburger Hafenchef Jens Maier, der SAP-Vorstandsvorsitzende Christian Klein und Airbus-Chef Guillaume Faury angehören, der auf einen großen Flugzeugdeal hofft. Auf der Reise schwingt außerdem auch die Frage von Rüstungsexporten mit. Saudi-Arabien ist von der noch von der alten Bundesregierung getroffenen Entscheidung betroffen, keine Waffen in Länder zu exportieren, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Beschränkungen, von denen Deutschlands europäische Partner, vor allem Frankreich, wenig begeistert sind, weil es bei gemeinsamen Projekten den Export behindert - oder auch die Wartung wie im Fall saudischer Eurofighter. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte sich erst kürzlich in einer Grundsatzrede dafür eingesetzt, bei Rüstungsexport auf europäische Regeln zu setzen und auf strengere deutsche Vorgaben zu verzichten.

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