Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat im Bundestag seine Wirtschaftspolitik verteidigt. Es gebe einen großen Bedarf an Investitionen, um das Land zukunftsfähig und klimafreundlich umzugestalten. Sollte es zu diesen Investitionen kommen, ermögliche dies Wachstumsprozesse im Land, „die viel größer sind als das, was wir in der Vergangenheit kennengelernt haben“, sagte der Kanzler am Mittwoch bei der Regierungsbefragung im Bundestag.
Die CDU-Abgeordnete Julia Klöckner hatte ihn damit konfrontiert, dass er den Deutschen ein Wirtschaftswunder während seiner Amtszeit versprochen habe – mit Wachstumsraten wie in den 1950er- und 1960er-Jahren. Stattdessen gingen nun Tausende Arbeitsplätze verloren. Scholz antwortete, er sei weiterhin fest davon überzeugt, dass Investitionen notwendig und richtig seien, damit Deutschland um die „Mitte des Jahrhunderts“ ein erfolgreiches Industrieland bleibe und klimaneutral wirtschaften könne. Diese Investitionen könnten ungekanntes Wachstum erzeugen.
Scholz warb im Parlament für eine Subventionierung der Netzentgelte
Scholz gestand zu, dass das Land herausgefordert sei, unter anderem durch die Absatzschwäche auf den Exportmärkten, die hohen Energiepreise seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine sowie die Inflation. Deshalb sei es richtig, jetzt „das zu tun, was möglich ist“. Er habe einen Vorschlag dafür gemacht, dass die Netzentgelte nicht stiegen – also für eine Entlastung bei den Strompreisen, die der Industrie dabei helfen würden, die Produktionskosten zu senken. Scholz bat das Parlament um Unterstützung für den entsprechenden Gesetzentwurf. Auch habe er vorgeschlagen, Investoren durch eine Prämie zu ermutigen und einen Deutschland-Fonds aufzusetzen – dieser solle „viel Wachstum finanzieren“.
Klöckner fragte Scholz, ob ihm bekannt sei, dass die SPD in 22 der vergangenen 26 Jahre an der Regierung beteiligt gewesen sei. „Das ist mir bekannt, und das war gut für unser Land“, sagte Scholz, was bei der SPD zu Applaus führte und bei den anderen Fraktionen zu Gelächter. Scholz merkte an, die CDU habe den Ausbau der erneuerbaren Energien jahrelang bekämpft.
Der Kanzler warb auch dafür, während der laufenden Legislaturperiode noch Entlastungen für die Deutschen zu beschließen. So solle das Parlament einen Gesetzentwurf billigen, der die „kalte Progression“ eindämmt. Diese frisst Lohn- und Gehaltserhöhungen durch stärkere Besteuerung gleich wieder auf. Ferner sprach sich Scholz dafür aus, Kindergeld und Kinderzuschlag zu erhöhen und das Deutschland-Ticket zu verlängern.
Allerdings hat die CDU angekündigt, keinen Vorschlag mehr im Parlament zu unterstützen, der Einfluss auf den Bundeshaushalt hat. Scholz besitzt seit dem Bruch seiner Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP am 6. November keine Mehrheit mehr im Parlament und ist damit auf die Union angewiesen. Die Neuwahl des Bundestags ist für den 23. Februar vorgesehen.
Der Kanzler bekräftigt, dass er „Taurus“-Lieferungen an die Ukraine für falsch hielte
Der AfD-Abgeordnete Leif-Erik Holm machte vor allem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verantwortlich für die Wirtschaftsmisere. Ob Scholz ihn entlassen werde? Scholz verneinte dies. Habeck habe den Stillstand bei den erneuerbaren Energien und beim Ausbau der Stromnetze überwunden.
Holm fragte nach, wer verantwortlich sei für die staatlichen Subventionen in Höhe von mehr als 600 Millionen Euro an den Batterie-Hersteller Northvolt, der inzwischen Insolvenz angemeldet hat. Scholz nannte es „sehr bedauerlich“, dass sich Northvolt nicht so entwickelt habe wie geplant. Dies bedeute aber nicht, dass Subventionen für Zukunftstechnologien falsch seien.
Mit Blick auf die Außen- und Sicherheitspolitik weigerte sich Scholz abermals, der Ukraine den deutschen Marschflugkörper Taurus zu liefern. Der FDP-Abgeordnete Markus Faber fragte ihn, ob er jetzt schon Ausbildungen für den Gebrauch dieser Waffen anordnen werde. Diese dauerten vier Monate. Wenn Scholz jetzt mit der Ausbildung beginne, habe sein Nachfolger gleich diese Handlungsoption. Scholz antwortete: „Ich will auch mein eigener Nachfolger werden.“ Er halte den Einsatz der Taurus für falsch, da sie sehr weitreichend seien und sehr präzise.
Seine Linie sei es, „der stärkste Unterstützer sein, aber nicht alles zu machen“. Eine Entsendung deutscher Bodentruppen in die Ukraine komme „nicht in Betracht“. Scholz wandte sich auch gegen Spekulationen darüber, welche Rolle deutsche Soldaten künftig bei einer Friedenssicherung in der Ukraine spielen könnten. Es sei „ganz unangemessen, jetzt darüber zu spekulieren“.
Scholz will arbeitslose Ukrainerinnen und Ukrainer stärker zur Arbeitsaufnahme anregen. „Zu viele sind gewissermaßen schon so lange hier und müssten jetzt eigentlich mal loslegen“, sagte er. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij habe angekündigt, er wolle in Deutschland und Polen eine ukrainische Behörde mitgründen, „die die Ukrainerinnen und Ukrainer entweder bei der Rückkehr oder bei der Arbeitsaufnahme in Deutschland unterstützt“.