Energiekrise:Scholz ringt um Lösung im AKW-Streit

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Bundeskanzler Olaf Scholz sucht nach einem Kompromiss im Streit um die Atomenergie. (Foto: Bernd Elmenthaler/Imago)

Ein Treffen im Kanzleramt mit Wirtschaftsminister Habeck und Finanzminister Lindner bleibt ohne Ergebnis. Lindner greift die Haltung der Grünen in der Atom-Debatte scharf an.

Von Constanze von Bullion, Nicolas Richter, Henrike Roßbach und Robert Roßmann, Bonn/Berlin

Die Ampelkoalition hat am Sonntag vergeblich versucht, den Streit über die weitere Nutzung der Atomkraft beizulegen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) trafen sich zwar im Kanzleramt. Anschließend hieß es jedoch, es gebe noch kein Ergebnis. Vor dem Treffen hatte Lindner den Grünen vorgeworfen, die Suche nach einem Kompromiss zu erschweren. "Wenn es darum geht, Schaden von unserem Land abzuwenden, die ruinös hohen Energiepreise zu reduzieren, Blackouts zu verhindern - dann gibt es für mich keine roten Linien", sagte er dem Fernsehsender Welt. Es gehe hier nicht "um Parteipolitik". Er selbst sei über seinen "finanzpolitischen Schatten schon milliardenmal gesprungen".

Lindner spielte damit auf die Haltung der Grünen an, wonach die beiden süddeutschen Kernkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 länger am Netz bleiben könnten als geplant, allerdings längstens bis zum 15. April 2023. Den Kauf weiterer Brennelemente für einen Betrieb über dieses Datum hinaus schloss die Parteispitze dagegen als "rote Linie" aus. Der Parteitag der Grünen in Bonn stützte dieses Vorgehen am Wochenende mit deutlicher Mehrheit. Wirtschaftsminister Habeck versicherte den Delegierten, dass es keine Rückkehr zur Atomkraft geben werde: "Das wird auf keinen Fall mit uns passieren."

Im Gegensatz zu den Grünen verlangt die FDP bisher jedoch, zusätzlich auch das Atomkraftwerk Emsland am Netz zu lassen und alle drei Meiler erst 2024 abzuschalten. Am Wochenende blieb Lindner hinter dieser Maximalforderung jedoch etwas zurück. Er wolle, sagte er, die Möglichkeit der Stromerzeugung über die verbliebenen Kernkraftwerke "mindestens als eine Rückversicherung" erhalten, wenn in Europa die Energieversorgung weiterhin unsicher bleibe, etwa mit Blick auf die französischen Kernkraftwerke, die derzeit nicht ans Netz kommen könnten.

Aus Sicht der Grünen war der Atomstreit Ende September bereits beigelegt, weil der Streckbetrieb der zwei süddeutschen Meiler auch im Beschlusspapier der Koalition zur Gaspreisbremse festgehalten war - dem Lindner zugestimmt hatte. Allerdings hatte er damals öffentlich betont, der Streckbetrieb sei noch Gegenstand weiterer Beratungen: "Wir brauchen alle Kernkraftwerke auch bis 2024, das hat sich auch nicht verändert."

Die Blicke in der Koalition richten sich daher auf Bundeskanzler Scholz. Als Mittelweg wäre denkbar, dass zwar auch das Atomkraftwerk im Emsland den Winter über am Netz bleibt, im Frühjahr 2023 dann aber alle drei Atommeiler für immer abgeschaltet werden. Bei den Grünen hieß es, der Parteitag habe seine Haltung klargemacht. Sollten weitere Zugeständnisse an die FDP nötig sein, müsse Scholz aus der Deckung kommen und die Grünen zwingen - oder einen Kompromiss in einem anderen Politikbereich finden.

CDU-Chef Friedrich Merz sagte, die ganze Welt schaue fassungslos auf die Debatte, die man in Deutschland gerade führe. Alle drei verbliebenen Kernkraftwerke müssten am Netz bleiben. Stattdessen sei man auf dem Weg, sich "in die Geiselhaft einer grünen Partei zu begeben, die aus rein ideologischen Gründen diesen vernünftigen Weg, den die überwältigende Mehrheit der Menschen in Deutschland für vernünftig hält, blockiert - nur damit der Gründungsmythos dieser Partei unbeschädigt diesen Parteitag überlebt". Angesichts dessen gelte: " Nicht die letzten 16 Jahre CDU-geführter Bundesregierungen sind das Problem unseres Landes, sondern die letzten 16 Wochen unter der Führung der Ampelkoalition."

Auf ihrem Parteitag bekräftigten die Grünen, die Ukraine mit weiteren Waffenlieferungen unterstützen zu wollen. Einem entsprechenden Antrag stimmten die Delegierten mit überwältigender Mehrheit zu. Der Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky verwies auf das Recht der Ukraine, sich gegen den Angriff Russlands zu verteidigen. Den Pazifisten rief er zu, die Ukrainer könnten sich schließlich nicht "mit Sonnenblumen verteidigen" - eine Anspielung auf das grüne Parteilogo.

Kritik gab es an Außenministerin Annalena Baerbock, weil die Bundesregierung Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien gebilligt hat, obwohl dies im Koalitionsvertrag eigentlich ausgeschlossen ist. Saudi-Arabien ist Kriegspartei im Jemen. Baerbock verwies darauf, dass die Rüstungsgeschäfte mit dem Königreich auf Altverträgen beruhten, die unter früheren Bundesregierungen entstanden seien. Für die Zukunft versprach sie eine schärfere Kontrolle von Rüstungsexporten.

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