Schmiergeld-Affäre um Panzerkauf:Auf gute Beziehungen

Kampfpanzer Leopard 2 A6

Ein Kampfpanzer vom Typ "Leopard 2" bei einer Truppenübung der Bundeswehr. Viele Staaten wollen diesen Panzer erwerben.

(Foto: picture alliance / dpa)

Panzer, U-Boote, Flugabwehr: Deutschland verkauft viel militärisches Gerät ins Ausland. Viel zu oft kommt es dabei zu Schmiergeldzahlungen, wie im Fall des jetzt bekannt gewordenen Skandals um Panzerlieferungen an Griechenland. Und die deutsche Politik ist nicht unschuldig an der Situation.

Von Klaus Ott und Tasos Telloglou

Die Tafel war festlich geschmückt, die Herren waren bester Stimmung. Es galt, ein großes Geschäft zu feiern. Am 30. Mai 2008 trafen sich griechische Militärs und deutsche Offizielle anlässlich der Übergabe des ersten Leopard 2A6 HEL. Das ist einer der modernsten Kampfpanzer der Welt, hergestellt von Krauss-Maffei Wegmann (KMW), einer Münchner Rüstungsschmiede. 170 Stück davon hatte Griechenland vor gut zehn Jahren bestellt, zum Preis von insgesamt 1,7 Milliarden Euro. Als der erste Leopard 2A6 HEL ausgeliefert wurde, das HEL steht für Hellas, war die Freude groß.

Dunkler Schatten

Ein Gesandter der deutschen Botschaft aus Athen rühmte bei dem Festakt im nordgriechischen Xanthi die "guten Beziehungen" und die enge Zusammenarbeit. Der Generalstabschef der hellenische Streitkräfte und seine Waffenbrüder hörten das gern. Jetzt fällt ein dunkler Schatten auf den Panzerdeal. Antonios Kantas, ehedem Chef des Direktorats Rüstung im Verteidigungsministerium in Athen, hat die Annahme von Schmiergeld bei zahlreichen Waffeneinkäufen gestanden. So sei das auch beim Leopard 2A6 HEL gewesen.

Ein griechischer Vertreter von KMW habe ihm, Kantas, nach und nach insgesamt 1,7 Millionen Euro gegeben. Krauss-Maffei Wegmann erklärt dazu, man habe weder an Kantas noch an sonst jemandem "Schmiergeldgelder gezahlt oder zahlen lassen". Alle Mitarbeiter und Geschäftspartner seien verpflichtet, sich "strikt rechtmäßig zu verhalten". Ob das Geständnis von Kantas in diesem Punkt richtig ist, oder falsch, das herauszufinden ist nun die Aufgabe der Athener Staatsanwaltschaft.

"Der tödlichste Panzer für die schlimmsten Unterdrücker"

Und vielleicht auch von deutschen Ermittlern. Auslandsbestechung ist seit 1999 in der Bundesrepublik strafbar, was zu vielen Verfahren geführt hat. Bei Siemens, MAN, Ferrostaal und anderswo. Verjährt sein dürfte Korruption beim Leopard 2 nicht, da das Geschäft noch nicht abgeschlossen ist. Griechenland schuldet Kraus-Maffei Wegmann noch einige Millionen Euro. Der Leopard 2 ist einer der meistverkauften Panzer der Welt, er bringt auch sonst viel Geld in die Kasse bei Krauss-Maffei Wegmann, das früher unter Krauss-Maffei firmierte. Und er sorgt immer wieder mal für Aufregung.

Als Mitte 2012 bekannt wurde, dass Saudi-Arabien mehrere hundert Leopard 2 kaufen wollte und die Bundesregierung das guthieß, reagierte die Opposition empört. "Die tödlichsten Panzer für die schlimmsten Unterdrücker", schimpfte die Linke. Auch SPD und Grüne rügten den geplanten Panzer-Deal, der international ebenso Kritik hervorrief. Inzwischen ist es ruhig geworden, warum auch immer. Ein KMW-Sprecher sagt, "wir führen weder Verhandlungen mit Saudi-Arabien noch haben wir einen Auftrag von dort über Rüstungsgüter". Politik und Rüstung, das ist ein explosives Gemisch. Regierungschefs aus Staaten mit großen Waffenfirmen drängen andere Länder zum Kauf von U-Booten, Kampffliegern und Panzern.

Hoch verschuldet, hochgerüstet

Wie es bei den potenziellen Abnehmern um Demokratie und Menschenrechte bestellt ist, spielt dabei kaum eine Rolle. Auch nicht, dass die Rüstungsbranche als hochgradig korruptionsanfällig gilt. Der Exporterfolg und die Arbeitsplätze, das ist es, was zählt. So sollen deutsche Regierungsvertreter wiederholt in Athen darauf gedrängt haben, Waffensysteme in der Bundesrepublik zu kaufen. Obwohl Griechenland seit langem hoch verschuldet und hoch gerüstet ist. Und sich noch mehr U-Boote, Flugzeuge und Panzer eigentlich längst nicht mehr leisten kann.

Doch das hat keine Rolle gespielt, sofern es stimmt, was der frühere Spitzenbeamte Kantas kurz vor Weihnachten der Athener Staatsanwaltschaft erzählte. Der ehemalige Rüstungseinkäufer im Range eines Vize-Generaldirektors im Verteidigungsressort schilderte vier Tage lang, wie er sich bei Geschäften mit Firmen aus diversen Ländern habe schmieren lassen. Kantas hat sich selbst schwer belastet, warum also hätte er lügen sollen? Und noch etwas spricht eher für als gegen ihn. Seine Aussagen in Athen decken sich mit Erkenntnissen der Bremer Staatsanwaltschaft. Die ermittelt schon länger wegen mutmaßlicher Korruption bei Aufträgen für die deutschen Firmen Rheinmetall und Atlas.

Alles passt zusammen

Rund 18 Millionen Euro sollen bei der Modernisierung von U-Booten der Klasse Poseidon an griechische Amtsträger geflossen sein. Auch beim Verkauf des Rheinmetall-Flugabwehrsystems Asrad nach Athen soll Schmiergeld im Spiel gewesen sein. In Bremen weiß man, auf welchen verschlungenen Wegen Millionenbeträge nach Hellas geflossen sind. Kantas gibt nun zu, ein Teil sei bei ihm angekommen; über einen Mittelsmann von Rheinmetall und Atlas, den die Bremer als Geldboten betrachten. Das passt alles gut zusammen. Rheinmetall erklärt dazu, man wisse nichts von unzulässigen Zahlungen und habe solche auch nicht veranlasst.

Und Krauss-Maffei Wegmann erklärt, der Vertrag zum Leopard 2 sei Ergebnis eines "transparenten Vergabeverfahrens" gewesen, mit KMW als Sieger. Alle Angebote seien immer in Anwesenheit aller Anbieter geöffnet und bekannt gegeben worden, so ein Firmensprecher. Einfluss auf den Panzerdeal will Kantas jedoch, wie er den Ermittlern berichtete, im Vorfeld genommen haben. Als es darum gegangen sei, die Vergabebedingungen zu formulieren. Er, Kantas, habe zuerst Bedenken gegen einen so teuren, aus seiner Sicht überflüssigen Panzerkauf gehabt. Seine Bedenken habe er sich dann abkaufen lassen.

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