Süddeutsche Zeitung

Schmidt und Schröder über Steinbrück:"Die Flinte nicht ins Korn werfen"

Zwei Ex-Kanzler machen Peer Steinbrück Mut: Im Gespräch mit dem "Spiegel" nehmen Helmut Schmidt und Gerhard Schröder den aktuellen SPD-Kanzlerkandidaten in Schutz - und geben ihm Ratschläge.

In der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins Spiegel äußern sich die beiden SPD-Altkanzler Helmut Schmidt und Gerhard Schröder gemeinsam - unter anderen zu den Themen Integration, die Folgen der Agenda-Politik der SPD und den Wahlkampf des sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück.

Schmidt und Schröder ermutigen Steinbrück, kritisieren ich aber auch wegen seiner Äußerungen über italienische Politiker. "Wenn man über ausländische Kollegen spricht, muss man bedenken, dass man mit denen unter Umständen als Kanzler arbeiten muss", sagte Schmidt. Er habe vor kurzem etwas Kritisches über den malaysischen Ministerpräsidenten Mahathir geschrieben, so Schmidt weiter. "Das darf ein Kanzler, der Mahathir im Amt übermorgen treffen muss, heute nicht sagen".

"Kampagne" gegen Steinbrück

Zugleich sprach Schmidt von einer "Kampagne" gegen Steinbrück. "Niemand ist fehlerfrei", sagte Schröder. "Aber dass im Moment nur geschaut wird, ob er etwas Missverständliches sagt, ist nicht fair." Zu den Wahlaussichten der SPD für die Bundestagswahl im September äußerten sich die beiden Altkanzler zurückhaltend. "Alle, die meinen, die Wahl sei schon gelaufen, irren", sagte Schröder. "Wenn es gelingt, die eigenen Leute zu mobilisieren, würde ich die Flinte nicht ins Korn werfen."

Schmidt zeigte sich dabei skeptisch, muslimische Migranten in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. "Bei den Türken, bei den Leuten aus dem Libanon und den islamischen Staaten insgesamt" sehe er ein Problem, so Schmidt. Viele der Zugewanderten lebten in Ghettos, "und das Ghetto verstärkt die Binnenkultur". Schröder widersprach dieser Ansicht. "Die Türkei hat sich so verändert, dass wir mit der türkischen Einwanderung ohne Probleme fertigwerden", sagte Schröder. Deutschland brauche Einwanderung und müsse jungen Leuten mit Migrationshintergrund die gleichen Chancen gewähren.

"Die Agenda-Politik war notwendig"

Schmidt fand zudem lobende Worte für Schröders Agenda-Politik. "Sie war notwendig, weil das Land sie brauchte; nicht weil die Partei sie brauchte", sagte der Hamburger. Auch die Entscheidung, nach der verlorenen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2005 Neuwahlen im Bund anzustreben, hält Schmidt im Rückblick für richtig. "Wenn er das nicht gemacht hätte, hätte er die Wahl auch verloren", sagte Schmidt über Schröder.

Beide Altkanzler mahnten ihre Partei, offener auf die Veränderungen in Deutschland und der Welt zu reagieren. Schröder beklagte, dass in unseren Gesellschaften "die Bereitschaft, sich auf Veränderungen einzulassen", nachgelassen habe. Die Sozialdemokratie müsse den Leuten sagen: "Wenn wir angesichts der sich verändernden Wirklichkeiten die politisch-sozialen Systeme nicht anpassen, geht das schief", so Schröder.

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