Wulff in Schloss Bellevue:Der Bäcker und sein Präsident

Erst wurde Christian Wulff kritisiert, weil er im Haus eines Investors urlaubte. Jetzt machen seine Brötchen Schlagzeilen: Sie werden aus Hannover geliefert - bestellt hat sie allerdings einer von Wulffs Vorgängern.

Dominik Stawski

Jetzt also Christian Wulffs Brötchen. Sie sollen besonders knusprig sein, gebacken nach altem Rezept, kein Fertigteig, den man von den großen Backshop-Ketten kennt. Und trotz sorgfältiger Zubereitung haben diese Brötchen einen Beigeschmack, über den sich der Bundespräsident nicht freuen dürfte.

Bundespräsident Christian Wulff

Frische Blumen am Schreibtisch, eingefrorene Brötchen aus Hannover in der Tiefkühltruhe: Bundespräsident Christian Wulff.

(Foto: dpa)

Am Montag wurde bekannt, dass Wulff sie sich zweimal im Monat eigens aus einer Hannoverschen Traditionsbäckerei ins Schloss Bellevue liefern lässt, das sind immerhin knapp 300 Kilometer. Das alles rückt den Präsidenten in ein schlechtes Licht: Ein abgehobener Genussmensch? Ein Luxuspolitiker? Die Brötchen werden gerade so etwas wie ein Symbol.

Es ist erst ein paar Tage her, da gab es wegen seines Sommerurlaubs Diskussionen. Wulff verbrachte ihn auf der spanischen Ferieninsel Mallorca, in einem Anwesen, das einer Firma des Unternehmers Carsten Maschmeyer gehört. Maschmeyer ist Gründer und war bis 2009 auch Vorstand des Finanzdienstleisters AWD, und er ist mit Wulff befreundet. Schnell war also von einem anrüchigen Freundschaftsdienst die Rede, die Diskussion stand dem neuen Staatsoberhaupt nicht gut.

Dagegen klingen Backwaren erst einmal harmlos, zumal ihre Lieferung, und das muss betont werden, nicht auf den Niedersachsen Wulff zurückgeht, sondern auf einen seiner Vorgänger, Roman Herzog. So jedenfalls berichtet es der liefernde Bäcker, Jochen Gaues. Seit vier Jahren - also während der Amtszeit von Horst Köhler - liefere man regelmäßig sieben Produkte, die sich gut einfrieren ließen. Das Bundespräsidialamt teilte mit: "Entscheidend ist, dass wir unseren Gästen Produkte aus Deutschland anbieten. Darunter sind seit Roman Herzog auch Backwaren aus Hannover."

Gaues Bäckerei ist bekannt, sie beliefert das Berliner Hotel Adlon, Fernsehkoch Tim Mälzer und mehrere Drei-Sterne-Michelin-Häuser. Und nun wird der Bundespräsident in einem Atemzug mit diesen Luxusadressen genannt. Ein paar Minuten war die Meldung am Montag in der Welt, da drückten schon die ersten Umweltschützer, Oppositionspolitiker und die Berliner Handwerkskammer ihren Protest aus.

Brötchen aus Niedersachsen nach Berlin zu transportieren, sei "verrückt", sagte Claudia Hämmerling, Grüne im Berliner Abgeordnetenhaus. "Meine Familie und ich lassen uns unsere geliebten Thüringer Rostbratwürstchen auch nicht nach Berlin liefern, sondern essen sie nur im Urlaub in Thüringen."

"An der Qualität der Berliner Brötchen kann es nicht liegen"

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz teilte mit, umwelttechnisch sei es besser, Waren vor Ort zu produzieren. Und die Berliner Handwerkskammer, die in den Verdacht geriet, dass die Brötchen ihrer Betriebe nicht gut genug sind für den Präsidenten, ließ die Journalisten wissen: "An der Qualität der Berliner Brötchen kann es nicht liegen." Auch in der Hauptstadt gebe es zahlreiche Bäcker, die nach alter Tradition backen.

Broetchen aus Hannover fuer den Bundespraesidenten

Der Bäcker des Präsidenten: Jochen Gaues aus Hannover beliefert das Schloss Bellevue zweimal im Monat.

(Foto: ddp)

Wenigstens gibt es einen, der sich freuen kann. Der Bäckermeister aus Hannover, der plötzlich nicht mehr nur unter Sterne-Köchen bekannt ist. Gaues trägt gern das T-Shirt mit dem Schriftzug: "Der Bäcker vom Bundespräsidenten kommt aus Hannover und heißt Jochen". Die Kritik kann er nicht verstehen. "Wenn man den Bio-Gedanken verfolgt, ist das natürlich der Wahnsinn. Aber wir fahren ja nicht wegen drei Brötchen nach Berlin."

Es gab schon einen Film über ihn, aber die Geschichte mit Wulff dürfte ihn noch bekannter machen. Er erzählte einem Agenturjournalisten nebenbei von den Lieferungen. Jetzt ist er selbst überrascht, wie gut das funktioniert hat.

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