Schlichtung in Stuttgart:"Es ist schwer. Ja, es ist nicht möglich"

Heiner Geißler dämpft die Erwartungen auf eine Einigung für Stuttgart 21. Die Verhandlungen seien in der Sackgasse. Dennoch gab es einen kleinen Fortschritt.

Eine Einigung im Streit über das Bahnprojekt Stuttgart 21 ist aus Sicht des Schlichters Heiner Geißler quasi undenkbar. "Wir sehen hier: Es ist sehr schwer, beide Positionen auf einen Nenner zu bringen. Ja, es ist nicht möglich", sagte Geißler am Samstag bei der achten und voraussichtlich letzten Schlichtungsrunde im Stuttgarter Rathaus. Es sei "beeindruckend", was er in den vergangenen Wochen von beiden Seiten gehört habe. An diesem Dienstag will der ehemalige CDU-Generalsekretär seinen Schlichterspruch verkünden.

Stuttgart 21 - Schlichtungsrunde

Schlichtungsbemühungen unter schwierigen Bedingungen: Heiner Geißler.

(Foto: dpa)

Abgesehen von Stuttgart 21 wäre es wünschenswert für die Zukunft, erst zu klären, ob man so ein Großprojekt will, dann verschiedene Varianten zu planen, dann abzustimmen und dann an die Realisierung zu gehen, sagte Geißler.

Auch auf ihrer letzten regulären Schlichtungssitzung haben sich Gegner und Befürworter des Bahnprojekts Stuttgart 21 nicht aufeinander zu bewegt. Unter dem Vorsitz von Heiner Geißler stritten beide Seiten am Samstag ergebnislos über die Kosten für die Neubaustrecke nach Ulm. Auch über die Höhe der Kosten eines etwaigen Ausstiegs bestand keine Einigkeit. Kurz vor Ende des Verfahrens lieferten sich beide Seiten zudem erneut einen Schlagabtausch über die Leistungsfähigkeit des geplanten neuen Bahnhofs.

Am Samstag wurde die Diskussion um die Kosten des geplanten Bahnhofs und der ICE-Neubaustrecke nach Ulm fortgesetzt, ohne dass sich eine Lösung abzeichnete. Bahnvorstand Volker Kefer rechnete die Kosten der Hochgeschwindigkeitstrasse auf Basis der Kosten der Strecke zwischen Nürnberg und Ingolstadt vor. Die Projekt-Gegner unterstellten jedoch Fehler bei der Berechnung und prognostizierten eine Kostenexplosion. Nach einem Schlagabtausch zwischen beiden Seiten sagte der Sprecher der Projekt-Gegner, Peter Conradi: "Sie sagen das, wir sagen das, die Zahlen stehen im Raum, gehen wir zum nächsten Tagesordnungspunkt."

Höhe der Ausstiegskosten umstritten

Auch in der Frage der Kosten im Falle eines Ausstiegs aus dem Bahnprojekt bewegten sich beide Seiten nicht aufeinander zu. Kefer machte klar, dass die Bahn Kosten in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro bei einem Scheitern von Stuttgart 21 einklagen würde. Die Gegner kritisierten diese Darstellung heftig und sprachen von lediglich 600 Millionen Euro Ausstiegskosten. Auch drei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften schlossen aus der Kalkulation der Bahn, dass sie je nach Sichtweise deutlich niedriger ausfallen könnten. Die hohen Ausstiegskosten sind ein Argument der Bahn und des Landes, um an dem Projekt festzuhalten.

Pessimismus vor dem Schiedsspruch

Nur in einem Punkt geriet die Diskussion in Bewegung. Das Thema Leistungsfähigkeit hatte den runden Tisch schon in der ersten Sitzung am 22. Oktober beschäftigt, die Gegner hatten damals von der Bahn einen Langfristfahrplan gefordert. Nun kritisierten sie diesen scharf.

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) bemängelte, dass Stuttgart 21 zwar als "Jahrhundertprojekt" verkauft worden sei, realistischerweise aber nur soviel Zugverkehr abfertigen könne, wie der derzeitige Kopfbahnhof. "Der Fahrplan, den sie vorgelegt haben, beweist, dass sie nicht mehr liefern können, als mit dem bestehenden Bahnhof", sagte Palmer. Bahnvorstand Kefer sicherte Palmer nun zu, eine Untersuchung in Auftrag zu geben, ob sich die benannten Probleme am Bahnknoten Stuttgart aufhäufen oder genügend Puffer eingeplant sind.

Die Schlichtungssitzung am Samstag war der letzte Faktenaustausch zwischen beiden Seiten. Am kommenden Dienstag (30. November) will Geißler in der Abschlusssitzung seinen Schiedsspruch verkünden - und äußerte sich in öffentlichen Stellungnahmen pessimistisch.

In der Süddeutschen Zeitung bezeichnete er einen Volksentscheid über das Projekt, auf den viele Gegner gehofft hatten, als "unrealistisch". Dem Nachrichtenmagazin Focus sagte Geißler zudem, dass man nicht zu hohe Erwartungen an seinen Schlichterspruch stellen solle. Er habe sich bemüht, die Erwartungen herunterzuschrauben.

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