Schleswig-Holstein:SPD nennt Carstensen "altgewordenen Gutsherrn"

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Die Genossen schießen scharf gegen die Nord-CDU - SPD-Bundesparteichef Müntefering legt Ministerpräsident Carstensen den Rücktritt nahe.

SPD-Parteichef Franz Müntefering hat sich in die Debatte über eine vorgezogene Neuwahl des Kieler Landtages eingeschaltet - und legt CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen den Rücktritt nahe.

Wird vom bisherigen Koalitionspartner SPD attackiert: Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) (Foto: Foto: AP)

Gleichzeitig äußerte Müntefering Verständnis dafür, dass die SPD einer Auflösung des Parlaments nicht zustimmen will. Stattdessen könne Carstensen zurücktreten, wenn er dem Kabinett der Koalition nicht mehr vorsitzen wolle. "Dann wären verschiedene Wege für das weitere Vorgehen eröffnet, auch der der Neuwahl", erklärte Müntefering in Berlin.

Die Entscheidung darüber liegt nach Worten des SPD-Parteichefs jedoch allein bei der Landes-SPD. "Ich verstehe aber gut, dass die SPD Schleswig-Holstein den Bruch der Koalition durch die CDU nicht akzeptieren kann." Die von der CDU dafür genannten Gründe seien "offensichtlich taktischer Natur".

Carstensen schloss eine Niederlegung seines Amtes in einem TV-Interview am Abend jedoch aus. Ein Rücktritt sei "völlig absurd", sagte der Ministerpräsident dem ZDF-"heute-journal".

"Spalter des Landes"

Auch der Sprecher der schleswig-holsteinischen SPD-Bundestagsabgeordneten, Ernst-Dieter Rossmann, kritiserte die Forderung der CDU nach schnellen Neuwahlen scharf. "Ministerpräsident Peter Harry Carstensen ist ein Spalter des Landes und betreibt die Machtpolitik eines altgewordenen Gutsherrn", sagte Rossmann in Berlin.

Weiter sagte Rossmann, der auch Sprecher der mächtigen Abgeordneten-Gruppe Parlamentarische Linke (PL) ist: "Wir stehen zu dem Koalitionsvertrag und dem Regierungsauftrag. Es gibt keinen Grund für Neuwahlen. Man kann in der Sache vernünftige Kompromisse finden."

Rossmann kritisierte den Umgang Carstensens mit dem Koalitionspartner: "Er behandelt die SPD, als wenn sie die Schill-Partei von Hamburg wäre. Das lassen wir uns als Sozialdemokraten nicht bieten."

Die CDU in Schleswig-Holstein müsse nun ihr wahres Gesicht zeigen, sagte Rossmann. "Und das heißt: Sie hat seit langem darauf hingearbeitet, aus reinem Machtinteresse diese Koalition nicht so gut arbeiten zu lassen, wie sie arbeiten könnte. Schleswig-Holstein ist keine Bananenrepublik".

Für die Bundesebene seien die Fronten nun abgesteckt, sagte Rossmann. "Frau Merkel muss nun ihre Maske fallenlassen. Sie steht für Schwarz-Gelb und nichts anderes. Jeder weiß nun, woran er ist."

Westerwelle sieht Fanal für Berlin

Die Krise der großen Koalition in Kiel hat nach Ansicht von FDP-Chef Guido Westerwelle eine Signalwirkung für den Bund. "Der Bruch der Koalition in Schleswig-Holstein ist ein bundespolitisches Fanal", sagte Westerwelle.

Er appellierte an die SPD, den Weg für Neuwahlen in Schleswig-Holstein freizumachen. Dadurch könne Schwarz-Gelb im Herbst nicht nur eine Mehrheit im Bundestag bekommen, sondern auch im Bundesrat "klare Verhältnisse" schaffen, erklärte Westerwelle.

Ähnlich äußerte sich auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla: "Die SPD in Schleswig-Holstein ist nicht mehr regierungsfähig, weil sie nicht die Kraft hat, zu den gemeinsamen Beschlüssen der Koalition zu stehen", sagte er.

Die CDU hatte das Bündnis mit der SPD in Kiel am Mittwochabend nach gut vier Jahren aufgekündigt. Sie will über eine Auflösung des Landtages vorzeitige Neuwahlen am Tag der Bundestagswahl am 27. September erreichen. Die SPD will einer Auflösung des Landtages aber nicht zustimmen.

Damit dürfte die für einen solchen Beschluss nötige Zwei-Drittel-Mehrheit nicht zustande kommen. Ministerpräsident Carstensen bliebe dann noch die Vertrauensfrage, um Neuwahlen zu erzwingen.

Die von der CDU zunächst für Freitag geforderte Abstimmung des Landtages über Neuwahlen wurde indes auf Montag verlegt. Darauf einigte sich der Ältestenrat am Donnerstagnachmittag.

Grund für die Verschiebung seien verfassungsrechtliche Bedenken, wonach eine erfolgreiche Abstimmung am Freitag gegen die vorgegebene 70-Tage-Frist bis zum angestrebten Neuwahltermin am 27. September verstoßen könnte, hieß es. Nun wird am Freitag debattiert, aber am Montag abgestimmt.

© AP/Reuters/dpa/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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