Schengenraum:Merkel beharrt auf weiteren Grenzkontrollen

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Beim Treffen mit EU-Kommissionschef Juncker dringt die Kanzlerin auf eine Verlängerung - aus Gründen der inneren Sicherheit.

Von Daniel Brössler und Cerstin Gammelin, Berlin/Brüssel

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker die deutsche Forderung nach Verlängerung von Grenzkontrollen an der Grenze zu Österreich abgestimmt. Bei dem zweistündigen Treffen am Mittwoch im Kanzleramt sei es um die Zukunft des Schengenraumes gegangen, verlautete in Berlin. Details wurden nicht bekannt, da beide Seiten Vertraulichkeit vereinbart hatten.

Die Grenzkontrollen waren im September 2015 während der Flüchtlingskrise befristet eingeführt worden, um den Ansturm von Zehntausenden Menschen kontrollieren zu können. Sie sind nur aufgrund einer Sondergenehmigung möglich; grundsätzlich sind Kontrollen an den Binnengrenzen der Schengenstaaten verboten. Deutschland und Österreich haben sich inzwischen für eine Verlängerung der Grenzkontrollen ausgesprochen.

Die aufgrund des Flüchtlingsansturms erteilte Ausnahmegenehmigung läuft im November aus. Die EU-Kommission hat darauf hingewiesen, dass es grundsätzlich möglich sei, weitere befristete Kontrollen durchzuführen, wenn die innere Sicherheit von einzelnen Staaten bedroht ist, etwa durch erhöhte Terrorgefahr. Auch die Bundesregierung begründet ihre Forderung mit gestiegenen Sicherheitsrisiken. "So wie sich die Situation im Augenblick darstellt, brauchen wir diese Grenzkontrollen", sagte Merkel am Dienstag in Berlin.

Die Kanzlerin will nicht nur die Grenzkontrollen durchsetzen, sie hatte vor dem Besuch Junckers auch keinen Zweifel daran gelassen, dass sie weiter auf einer "europäischen Lösung" bei der Verteilung von Flüchtlingen beharrt. Beschlüsse müssten umgesetzt werden, sagte sie mit Blick auf die Weigerung einiger EU-Staaten, wie vereinbart Kontingente aufzunehmen.

Am Mittwoch kommender Woche wird der Europäische Gerichtshof entscheiden, ob der zwischen den EU-Staaten vereinbarte Mechanismus zur Umverteilung von 120 000 Flüchtlingen rechtens ist. Ungarn und die Slowakei hatten dagegen geklagt. Beiden Staaten geht es dabei ums Prinzip, nicht um die ohnehin geringe Anzahl von Flüchtlingen, die sie aufnehmen müssten.

Juncker und Merkel sprachen auch über den andauernden Konflikt mit der national-konservativen Regierung in Polen. Sie seien hier "auf einer Linie", hieß es. Merkel habe Unterstützung im Rechtsstaatsverfahren der EU-Kommission gegen Polen zugesagt. Für den Fall, dass Polen die umstrittene Reform des Obersten Gerichts umsetzt, hat die EU-Kommission die umgehende Einleitung eines Verfahrens angekündigt, das im äußersten Fall zum Entzug von Stimmrechten führen könnte.

Im ersten Schritt ist hierfür die Zustimmung von vier Fünfteln der EU-Staaten erforderlich. Die EU-Kommission begründet ihr Vorgehen mit Sorge um die Rechtsstaatlichkeit und die Unabhängigkeit der Justiz in Polen. Merkel hatte am Dienstag gesagt, sie wolle in dem Konflikt "nicht einfach den Mund halten und nichts sagen um des lieben Friedens willen". Es gehe hier auch "um Grundlagen der Kooperation in der EU".

© SZ vom 31.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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