Schatzsuche:Glücksritter auf Gräberjagd

Politik und private Finanziers befeuern die Suche in der Tiefe. Es geht um sagenhafte Schätze.

Von Peter Burghardt

Im Mai 2014 machte eine sagenhafte Meldung die Runde. In New York verkündete der Schatzsucher Barry Clifford aus den USA, man habe an der haitianischen Nordküste "mit hoher Wahrscheinlichkeit" Reste der Santa María gefunden. Eine Sensation. Die Santa María war das Flaggschiff von Christoph Kolumbus - mit der Karavelle wollte der italienische Seefahrer in Spaniens Diensten in Begleitung der kleineren Schiffe Pinta und Niña nach Ostasien segeln und traf dabei 1492 eher zufällig auf die Ausläufer Amerikas. Ende Dezember jenes Jahres strandete die Santa María vor der Insel Hispaniola, die heutzutage aus den Ländern Haiti und Dominikanische Republik besteht. Waren ihre Überbleibsel nun ein halbes Jahrtausend später entdeckt worden? Nein, bedauerten im Oktober 2014 Experten der Unesco. Cliffords Wrack sei zu modern, um die Santa María gewesen zu sein. So können sich Glücksritter selbst in modernen Zeiten täuschen, Irren gehört zu ihrem Geschäft.

Nach wie vor sicher allerdings ist, dass Kolumbus' Entdeckung damals Gier, Ausbeutung, Überfälle und Schiffbruch zur Folge hatten. Spanier und später Portugiesen packten enorme Mengen an Gold, Silber, Edelsteinen und anderen Kostbarkeiten aus der neuen Welt in ihre Frachträume. Ein Symbol jenes Rausches war der Silberberg Cerro Rico von Potosí in Bolivien. Zu den Legenden zählt El Dorado, das mythische Goldreich im südamerikanischen Nirgendwo, dem die Invasoren ebenso besessen wie vergeblich hinterherspürten. Viele der vollgestopften Schiffe gingen auf dem Rückweg in die alte Welt unter, in die Tiefe gerissen von Stürmen oder Kanonenkugeln. Die Seegräber von Menschen und Schätzen reichen bis ins Gebiet der früher spanischen Philippinen.

Allein ein Fund vor Florida ist heute 450 Millionen Dollar wert

Tausende Verluste der Armada und anderer Flotten liegen irgendwo am Meeresgrund, besonders zahlreich in der Karibik. Ein Heer von Abenteurern und Wissenschaftlern versucht sie aufzuspüren, angetrieben von Privatiers und Politik. Zuweilen gelingen die wunderbarsten Coups. So stieß der inzwischen verstorbene Mel Fisher aus Kalifornien 1985 vor Floridas Treasure Coast auf das, was von der spanischen Galeone Nuestra Señora de Atocha geblieben war, nachdem sie ein Hurrikan 1622 an ein Riff geschleudert hatte. Der geschätzte Marktwert: 450 Millionen Dollar.

Taucher von Fishers Firma erbeuteten später außerdem einen Smaragd-Ring, der allein mit 500 000 Dollar zu Buche steht. Ein Teil der Juwelen, Münzen und Antiquitäten wird ausgestellt, andere Stücke wurden vor ein paar Monaten im New Yorker Auktionshaus Guernsey's versteigert. Nach den wertvollsten Ladungen anderer Havaristen wird noch immer gefahndet, darunter sind die mutmaßlich 100 000 Goldbarren der Merchant Royal, die 1641 auf dem Grund des Ärmelkanals landete. Dabei zerstreiten sich gerne Staaten und Unternehmen an der Frage, wem was gehört und wer was behalten darf.

Auch vermeintliche Schatzinseln wie die Isla del Coco faszinieren die Jäger der versunkenen Millionen. Manche Spezialisten vermuten dort unter anderem das, was Klerus und Elite einst aus dem belagerten Lima mitnahmen, ehe ihr Transport einer Meuterei zum Opfer fiel. Die Schatzsucher indes hat Costa Ricas Regierung inzwischen gebremst - die Isla del Coco steht unter Naturschutz.

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