Scharfe Kritik an der Parteiführung:Kubicki: FDP steht vor dem Zerfall

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Die Liberalen, ein Auslaufmodell? Der Fraktionschef der Nord-FDP, Wolfgang Kubicki, fühlt sich an die "Spätphase der DDR" erinnert und warnt vor dem Zerfall seiner Partei. Schuld sei Guido Westerwelle. Widerspruch kommt von einem Kabinettsmitglied.

Der Maulwurf ist gefunden, die Krise geht weiter. Kaum hat Guido Westerwelle seinen Büroleiter Hartmut Metzner vor die Tür gesetzt, weil dieser Partei-Interna an die US-Botschaft weitergegeben hatte, sieht sich der Parteichef neuer Kritik ausgesetzt. Die kommt aus den hohen Norden - und ist überaus drastisch.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Landtag von Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, sieht Auflösungserscheinungen bei seiner Partei. (Foto: dapd)

Der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sieht die Partei am Abgrund - und tut diese Einschätzung in einem Interview mit dem Spiegel kund. "An der Basis hat die Auflösung schon begonnen", sagte Kubicki laut Vorabbericht. Die Austritte nähmen massiv zu und in Umfragen liege die FDP seit einem halben Jahr zwischen vier und fünf Prozent.

Erinnerungen an die DDR

"Die Situation, in der wir uns befinden, erinnert mich fatal an die Spätphase der DDR. Die ist irgendwann implodiert", sagte Kubicki. Auf einmal sei die DDR nicht mehr dagewesen. "Die Führung konnte das bis zum Schluss nicht begreifen. Es kann passieren, dass auch die FDP in sich selbst zusammenfällt."

Für den drohenden Zerfall der FDP machte Kubicki die Parteiführung verantwortlich. FDP-Chef Guido Westerwelle warf er vor, sich abzukapseln. "Mit dem Abkapseln verschwindet ja auch die Möglichkeit, sich auszutauschen. Ab diesem Moment haben Sie Probleme bei der Entwicklung einer vernünftigen Strategie oder deren Umsetzung", sagte Kubicki.

Eine Alternative zum Parteivorsitzenden sieht er jedoch nicht. Weder einer der anderen Bundesminister noch Generalsekretär Christian Lindner drängten sich als neuer Parteichef auf. Erst "bei wirklich dramatischen Niederlagen der FDP im nächsten Jahr würde Guido Westerwelle selbst die Frage des Verbleibens im Amte beantworten", sagte Kubicki. "Er würde nach meiner Einschätzung auf dem Bundesparteitag im Mai nicht erneut kandidieren."

Brüderle schießt zurück

Rückendeckung für den Parteichef kam von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, der die Kritik als haltlos zurückwies. Manche können sich nur profilieren, wenn sie sich gegen die eigene Partei positionieren", sagte Brüderle dem Handelsblatt. "Nur meckern und selbst keine konkreten inhaltlichen Lösungsvorschläge machen, ist immer der einfachste Weg."

Angesichts der schwierigen Lage der Liberalen forderte Kubicki die Beschleunigung der Programmdebatte. Generalsekretär Lindner will das Programm im Sommer 2012 vorlegen. Kubicki ist das aber zu spät: "Die Menschen müssen erkennen, dass die FDP auf das Katastrophenjahr 2010 reagiert, dass sie künftig etwas anders machen will. Dazu brauchen wir die groben Umrisse des Programms schon zum Bundesparteitag im Mai 2011. Bis Sommer 2012 können wir damit nicht warten."

Kritik übt Kubicki auch an Fraktionschefin Birgit Homburger. "Frau Homburger markiert für die FDP wahrnehmbar keine Punkte." Ihn wundere nicht, dass Homburger als unbekannteste Fraktionschefin im Bundestag gelte.

© sueddeutsche.de/dpa/rtr/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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