Süddeutsche Zeitung

CDU:Hüter der Konservativen

  • Bundestagspräsident Schäuble verweist die Debatte um einen Parteiausschluss von Maaßen aus der CDU "in den Bereich von Witzveranstaltungen".
  • Manches spricht dafür, dass Schäuble mit seiner Aussage auf Parteichefin Kramp-Karrenbauer abzielt.
  • Schäuble hat sich bereits in der Vergangenheit des Öfteren mit betont konservativen Positionen gegen die Linie der Parteichefin, damals noch Merkel, gewandt.

Von Stefan Braun, Berlin

Um Wolfgang Schäuble ist es zuletzt still geworden, insbesondere in Fragen, die sich um die CDU drehen. Seit der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer im Dezember 2018 hat sich der Bundestagspräsident nicht mehr zur eigenen Partei, ihrer Lage, ihren Problemen, ihren Hoffnungen eingelassen. Umso bemerkenswerter ist es, wie er sich jetzt zur Debatte um einen möglichen Parteiausschluss von Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen geäußert hat. Schäuble sagte der Bild: "Die Frage, ob Herr Maaßen Mitglied der CDU sein darf oder nicht, gehört in den Bereich von Witzveranstaltungen."

Nun könnte man Schäubles Worte als Spitze gegen all jene verstehen, die aus einem Interview der Parteichefin vermeintlich übertreibend ein Liebäugeln mit einem Parteiausschluss herausgelesen hatten. Auf die Frage, ob sie über einen Ausschluss nachdenke, hatte Kramp-Karrenbauer geantwortet, es gebe aus gutem Grund hohe Hürden, jemanden auszuschließen. "Aber ich sehe bei Herrn Maaßen keine Haltung, die ihn mit der CDU noch wirklich verbindet." Weil diese Formulierung mindestens Interpretationsspielräume ließ, sah sie sich später gezwungen klarzustellen, dass sie keinen Ausschluss des Politikers gefordert habe.

Angesichts dieses Verlaufs spricht manches dafür, dass Schäubles Attacke dann doch eher der Parteichefin galt. Als Zeichen dafür, dass er sich bis heute als Hüter auch der betont Konservativen in der CDU versteht. Zumal Schäuble derlei auch in der Vergangenheit immer mal wieder gemacht hatte.

So ist es Schäuble gewesen, der in den besonders schwierigen Phasen der Flüchtlingskrise dem damaligen Innenminister Thomas de Maizière zur Seite sprang, als dieser eine härtere Linie beim Familiennachzug verlangt hatte und daraufhin von Angela Merkels Regierungssprecher öffentlich abgekanzelt worden war. Noch stärker ist freilich jener Auftritt des damaligen Finanzministers in Erinnerung geblieben, bei dem Schäuble ziemlich unverhohlen über die Fehler und möglichen Folgen der Merkel'schen Flüchtlingspolitik räsoniert hatte.

Maaßen bedankt sich für die "klaren Worte"

Damals hatte er gesagt: "Lawinen kann man auslösen, wenn irgendein etwas unvorsichtiger Skifahrer an den Hang geht und ein bisschen Schnee bewegt". Offen gelassen hatte er "nur", ob die Lawine schon im Tal angekommen sei oder noch im oberen Drittel des Hanges hänge, was die Sache ja noch viel gefährlicher machen könnte. Ohne Angela Merkel beim Namen zu nennen, war jedem klar gewesen, dass der Finanzminister seiner eigenen Kanzlerin einen Schienbeintritt verpasst hatte.

Ungefähr das ist es nun auch wieder geworden, nur dass es Merkels Nachfolgerin im CDU-Vorsitz getroffen hat. Kurz vor der Wahl Kramp-Karrenbauers hatte sich Schäuble für ihren Kontrahenten Friedrich Merz ausgesprochen. Gut möglich, dass sich Kramp-Karrenbauer daran nun zwangsläufig noch einmal erinnern dürfte.

Die CDU-Spitze mochte Schäubles kleine Spitze am Freitag nicht kommentieren. Hans-Georg Maaßen dagegen bedankte sich. Er habe sich "sehr über die klaren Worte gefreut", sagte er der FAZ. Dazu passend vermeldete Maaßens Unterstützer-Truppe, die Werteunion, am Freitag Hunderte neue Eintritte. Ob sie das aber tatsächlich einflussreicher machen könnte als sie es bisher ist, lässt sich derzeit nicht sagen. Gleiches gilt für den ebenfalls als konservativ geltenden Berliner Kreis. Er forderte via Spiegel eine Urwahl des nächsten Spitzenkandidaten der Union. Ob sich die selbst ernannten Konservativen damit durchsetzen, ist freilich vollkommen offen.

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SZ vom 24.08.2019/saul
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