Offener Streit um Griechenland-Äußerungen:"Der Finanzminister ist für den Euro zuständig"

Dem Bundesfinanzminister reicht es: Schäuble weist FDP-Vizekanzler Rösler wegen dessen Äußerungen zu Griechenland in die Schranken. Der Wirtschaftsminister sei nicht zuständig. Denken sei zwar erlaubt, reden solle er aber besser nicht. FDP-Generalsekretär Lindner widerspricht jedoch vehement - und kündigt einen erstaunlichen Sinneswandel der Liberalen an.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) indirekt das Recht abgesprochen, in der Euro-Krise für die Regierung zu sprechen. "Innerhalb der Richtlinien der Bundeskanzlerin ist der Finanzminister für den Euro zuständig", sagte der CDU-Politiker laut einem Bericht der Bild am Sonntag. "Dass viele andere auch reden, kann ich nicht ändern."

Bundestag

Die beiden sind sich einig: In der Euro-Frage gibt es zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble "keinerlei Differenzen".

(Foto: dapd)

Angesprochen auf Röslers Gedankenspiele über die Möglichkeit einer Insolvenz für Griechenland sagte Schäuble, in der Demokratie bestehe Redefreiheit. "Aber zuständig für die Finanzpolitik ist innerhalb der Bundesregierung der Finanzminister." Schäuble forderte Rösler auf, sich künftig zurückzuhalten. "Denkverbote sind zutiefst freiheitswidrig. Aber das Gegenteil von Denkverboten sind nicht unbedingt Redegebote."

Rösler hatte vor Denkverboten bei der Euro-Stabilisierung gewarnt. Der Wirtschaftsminister hatte eine "geordnete Insolvenz" Griechenlands ins Spiel gebracht, wenn die dafür notwendigen Instrumente zur Verfügung stehen.

Einem möglichen Mitgliederentscheid der FDP über den geplanten dauerhaften Euro-Rettungsschirm sieht Schäuble gelassen entgegen: "Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die FDP sich durch einen Mitgliederentscheid auf einen Euro-skeptischen Kurs bringen ließe (...). Genauso wenig, wie ich mir vorstellen könnte, wie man mit einer grundsätzlich Euro-skeptischen Partei eine Koalition bilden könnte."

Bei der FDP und ihrem Vorsitzenden Philipp Rösler sei er jedoch "ganz unbesorgt, denn sie ist eine durch und durch pro-europäische Partei", sagte Schäuble. In der schwarz-gelben Koalition liege die Zuständigkeit für den Euro bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihm. "Zwischen mir und Angela Merkel gibt es in dieser Frage keinerlei Differenzen."

Lindner findet Entschuldung wichtiger als Steuersenkungen

Die FDP hat Schäubles indirekte Forderung, sich aus der Euro-Finanzpolitik herauszuhalten, scharf zurückgewiesen. Generalsekretär Christian Lindner erklärte, Parteichef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler setze bei der Suche nach Lösungen der Euro-Schuldenkrise einen Auftrag des Bundestages aus dem Oktober 2010 um. "Das Parlament hat klare Regeln für die Gläubigerbeteiligung und Staateninsolvenz gefordert. Das Parlament wird auch Herr Schäuble ernst nehmen", so Lindner.

Außerdem kündigte der Generalsekretär einen erstaunlichen Sinneswandel der Liberalen an: Seine Partei gebe Steuersenkungen keinen Vorrang mehr gegenüber dem Schuldenabbau, sagte er dem Hamburger Abendblatt. Die Entschuldung der öffentlichen Haushalte habe Priorität. Die Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen sei eine Frage der Gerechtigkeit, aber die Entlastung dürfe "nicht auf Kosten der Entschuldung gehen", betonte Lindner.

"Die Reduzierung der kalten Steuerprogression oder des Solidaritätszuschlags wird deshalb in dem Rahmen geschehen, den uns die Schuldenbremse vorgibt." Der FDP-Generalsekretär fügte hinzu: "Wir müssen den Staat gesund machen, indem wir ihn aus der Abhängigkeit der Finanzmärkte befreien. Also schneller raus aus den Schulden, das ist unsere Lehre aus der Euro-Krise."

Die FDP war mit der zentralen Forderung nach Steuersenkungen in den Bundeswahlkampf 2009 gegangen und hatte diese trotz Wirtschaftskrise in den vergangenen Monaten regelmäßig vehement wiederholt.

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