Saudi-Arabien:Prinzen am Pranger

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Regierungsmitarbeiter müssen sich für eine lange Liste von Vorwürfen rechtfertigen: Geldwäsche, Unterschlagung und Machtmissbrauch.

Von Paul-Anton Krüger, Beirut

Nach der überraschenden Festnahme etlicher Prinzen, hochrangiger Regierungsmitarbeiter und führender Geschäftsleute in Saudi-Arabien in der Nacht zum Sonntag sind erste Details über die Vorwürfe bekannt geworden. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete unter Berufung auf Regierungsquellen in Riad, es gehe um Geldwäsche, Unterschlagung, Vorteilsnahme und Machtmissbrauch. Mit der Bekanntgabe wollte Riad offenbar auch dem Eindruck entgegentreten, dass einige der Festnahmen politisch motiviert sein könnten, um die ohnehin schon große Macht des 32-jährigen Kronprinzen Mohammed bin Salman weiter zu festigen.

Dieser wurde von König Salman, seinem Vater, als Chef einer fünfköpfigen Antikorruptionskommission eingesetzt, die mit fast unbeschränkten Befugnissen ausgestattet ist. Die Kommission hatte die Festnahmen veranlasst. Betroffen war unter anderem Prinz Meiteb bin Abdullah, den der König zuvor als Minister der Nationalgarde abgesetzt hatte. Er hatte als letzter der Nachkommen des verstorbenen Königs Abdullah noch ein hohes Regierungsamt inne. Er galt als Lieblingssohn seines Vaters und bis zu dessen Tod als möglicher Thronfolger. Ihm wird angelastet, Geld unterschlagen zu haben und Geister-Angestellte auf den Gehaltslisten geführt zu haben. Überdies soll er Milliarden-Aufträge für Funkgeräte und schusssichere Westen an seine eigenen Firmen vergeben haben.

Dem Multimilliardär Alwaleed bin Talal, dessen Privatvermögen das Magazin Forbes zuletzt auf 16,8 Milliarden Dollar schätzte, werden demnach Geldwäsche, Bestechung und Erpressung von Regierungsmitarbeitern vorgeworfen. Über seine Investment-Firma "Kingdom Holding" hält er Anteile an der US-Bank Citigroup, an Twitter und Apple, dem Medienkonzern NewsCorp und Hotelketten. Er hat die von Kronprinz Mohammed bin Salman vorangetriebenen Wirtschaftsreformen unterstützt und auch dessen harten Kurs gegen Iran. Er legte Investmentpläne dort auf Eis und versprach, saudischen Kampfpiloten, die über Jemen Einsätze flogen, teure Bentley-Limousinen.

Der Ex-Gouverneur von Riad soll sich beim Bau einer U-Bahn bereichert haben

Der Ex-Gouverneur von Riad wird beschuldigt, sich beim Bau der U-Bahn bereichert zu haben. Ex-Finanzminister Ibrahim al-Assaf, der im Aufsichtsrat des Ölkonzerns Saudi-Aramco sitzt, soll Insiderinformationen für Grundstücksgeschäfte genutzt und sich beim Ausbau der Großen Moschee in Mekka bereichert haben.

Die Vorwürfe werden den Beschuldigten außerhalb des üblichen Rechtsweges gemacht, die Kommission ist dazu per Dekret des Königs ermächtigt. Nach Abschluss der Ermittlungen sollen die Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben werden. Der Generalstaatsanwalt ist, ebenso wie die Chefs von Rechnungshof und Antikorruptionsbehörde, Mitglied des Gremiums. Saudi-Arabien verfügt zwar über ein Gesetz gegen Bestechung, nicht aber über die komplexen Anti-Korruptionsregeln, wie sie in westlichen Industriestaaten üblich sind. Sollten illegal erwirtschaftete Gewinne abgeschöpft werden, könnte das dem Staat Milliarden bringen in einer Zeit, in der niedrige Ölpreise bereits ein großes Haushaltsdefizit verursacht haben. Am Montag stieg der Ölpreis allerdings wieder auf ein Zwei-Jahres-Hoch.

Der Graubereich zwischen üppigen Apanagen für Mitglieder der königlichen Familie, bisher geduldeten Profiten für hohe Regierungsmitarbeiter und Geschäftsleute und kriminellem Verhalten ist groß - auch weil Wirtschaftsdelikte in diesem Personenkreis vielfach und über Jahre nicht verfolgt wurden. US-Präsident Trump äußerte laut dem Weißen Haus in einem Telefonat mit König Salman Unterstützung für Wirtschaftsreformen, ohne auf die Festnahmen einzugehen. Er wirbt dafür, dass Saudi-Arabien New York für den geplanten Teil-Börsengang von Saudi-Aramco wählt. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte: "Wenn das Ziel ist, Korruption zu bekämpfen, dann begrüßen wir das." Auch Berlin enthielt sich zu den Festnahmen jeden Kommentars.

© SZ vom 07.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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