Saudi-Arabien:Machtkampf am persischen Golf: "Genug ist genug"

Saudi-Arabien: Die Probleme in der Region hätten mit der Chomeini-Revolution 1979 begonnen, sagt Adel al-Jubeir.

Die Probleme in der Region hätten mit der Chomeini-Revolution 1979 begonnen, sagt Adel al-Jubeir.

(Foto: AFP)
  • Saudi Arabien will den wachsenden Einfluss Irans im nahen Osten eindämmen. Außenminister Adel al-Jubeir kündigt in der SZ eine Gegenbewegung aus Riad an.
  • Teheran wird vorgeworfen, die aufständischen Huthi-Rebellen im Nachbarland mit ballistischen Raketen zu versorgen, die auch Saudi Arabien gefährlich werden können.
  • Auch das Atomabkommen mit Iran wird kritisiert.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Druck auf Iran kommt in diesen Tagen aus Israel und den USA, aber gleichermaßen auch aus etlichen arabischen Staaten: Saudi-Arabien ist ihr Wortführer. Außenminister Adel al-Jubeir sagte der Süddeutschen Zeitung: "Genug ist genug - wir werden Iran zurückdrängen!" Die Probleme in der Region hätten mit der "Chomeini-Revolution im Jahr 1979 begonnen", die Iran zu exportieren versuche. Überdies habe sie das Prinzip etabliert, dass Iran die Staatsangehörigkeit von Schiiten in anderen Ländern nicht anerkenne, sondern diese als Schutzbefohlene behandele - und in arabischen Ländern schiitische Milizen installiere, wie die Hisbollah in Libanon oder die Huthi-Rebellen in Jemen. "Sollen wir es hinnehmen, dass Iran den Huthis ballistische Raketen liefert, die sie dann auf unsere Hauptstadt schießen?", fragte er.

Anfang November war eine ballistische Rakete aus Jemen auf dem Flughafen von Riad niedergegangen. Saudi-Arabien, aber auch die USA beschuldigen Iran, die Rakete geliefert zu haben. Die US-Botschafterin bei den UN, Nikki Haley, hatte bei einer Rede Teile der Rakete als "konkrete und nicht widerlegbare Belege" für Waffenlieferungen Teherans an die Huthis präsentiert. Experten der UN hatten zwar bestätigt, dass die Rakete Bauteile aus Iran enthielt. Dies erlaube aber keine Aussagen darüber, ob oder wann Iran die Rakete geliefert habe.

Frankreich, Großbritannien und die USA haben im UN-Sicherheitsrat den Entwurf für eine Resolution eingebracht, mit der Iran verurteilt werden soll, weil Teheran es nicht verhindert habe, dass seine ballistischen Raketen entgegen eines entsprechenden UN-Embargos in die Hände der Huthis fielen. Das Gremium muss darüber bis Samstag abstimmen; die Erfolgaussichten sind unklar. Es ist aber der erste konkrete Versuch, durch eine diplomatische Initiative den Druck auf Iran zu erhöhen.

In die gleiche Richtung gehen Forderungen von US-Präsident Donald Trump, das Atomabkommen mit Iran "zu verbessern". Saudi-Arabien unterstützt das, wie Jubeir deutlich macht: "Bei allem Respekt, das Nuklearabkommen ist keine sonderlich gute Vereinbarung", sagte er. Vor allem die zeitliche Begrenzung einiger der Beschränkungen für Irans Atomindustrie müsse durch permanente Regelungen ersetzt werden. Überdies müsse der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) unangekündigt Zugang auch zu nicht deklarierten und militärischen Einrichtungen in Iran gewährt werden - schließlich seien die Anlagen, um die der Konflikt gehe, auch nicht von Iran gemeldet, sondern geheim gehalten und enttarnt worden.

Saudi-Arabien erwägt derzeit, selbst in die Atomenergie einzusteigen und hat Angebote aus den USA, Frankreich und Südkorea, aber auch aus Russland und China erhalten, die beiden ersten Reaktoren des Landes zu bauen. Insgesamt könnten es bis zu 16 werden. Riad allerdings wird, anders als die benachbarten Vereinigten Arabischen Emirate, keine Selbstverpflichtung eingehen, auf Urananreicherung oder Wiederaufarbeitungsanlagen zu verzichten, in denen Plutonium anfällt. Diese beiden Technologien können neben zivilen Zwecken auch dazu dienen, spaltbares Material für eine Bombe zu produzieren. Iran ist derzeit nicht bereit, nach dem Ablauf entsprechender Beschränkungen im Atomabkommen auf deren Nutzung zu verzichten.

Die Gegnerschaft zu Iran hat eine Annäherung zwischen Israel und den arabischen Staaten bewirkt, von der Premier Benjamin Netanjahu sagte, er habe nicht gewagt, zu Lebzeiten davon zu träumen. Jubeir betonte allerdings die offizielle Haltung seines Landes. "Wir haben keine Beziehungen zu Israel", sagte er. "Unsere Position war immer, dass, wenn einmal der Konflikt zwischen den Palästinensern und Israel gelöst ist, Israel normale Beziehungen zu allen arabischen Staaten haben kann."

Eine Öffnung gegenüber Russland ließ Jubeir bei der Frage nach einer Lösung für Syrien erkennen

Er verwies auf die arabische Friedensinitiative von 2002, in der Riad dies als Gegenleistung für eine Zweistaatenlösung auf Basis der Grenzen von 1967 und Jerusalem als geteilter Hauptstadt für Israel und die Palästinenser angeboten hatte. Es sei aber "Sache der Palästinenser, einen Frieden mit Israel auszuhandeln". Palästinensische Quellen hatten berichtet, Riad übe Druck aus, damit die Palästinenser in einen US-Friedensplan einwilligen, den Trumps Schwiegersohn Jared Kushner im Auftrag des Präsidenten entwickeln soll.

Eine Öffnung gegenüber Russland ließ Jubeir bei der Frage nach einer Lösung für Syrien und der Zukunft von Präsident Baschar al-Assad erkennen: Es brauche einen politischen Prozess unter Ägide der UN, der zu einem Übergang führe, zu einer neuen Verfassung und zu Wahlen in Syrien. Aber "die Bedingung, dass er mit Beginn eines politischen Übergangsprozesses abtreten muss, besteht nicht mehr", sagte Jubeir mit Blick auf Assad. Lange hatte Jubeir die Formel vertreten, Assad werde entweder durch einen politischen Prozess aus dem Amt entfernt oder mit militärischen Mitteln. Nun sagte Saudi-Arabiens Außenminister, es sei "Sache der Syrer, zu bestimmen, wann und wie er abtritt". Es falle ihm aber schwer sich vorzustellen, dass Assad "nach allem, was geschehen ist, bei Wahlen eine Chance hat".

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