Saudi-Arabien:Der Prinz und die Bauernopfer

Es ist schändlich, wie die Justiz des Landes den Mordfall Khashoggi ahnden will.

Von Moritz Baumstieger

Neues Unrecht begehen, um ein bereits geschehenes zu vertuschen: Der Sog des Verbrechens erfasst nach der ersten Tat offenbar sogar Königshäuser. Nachdem Saudi-Arabien zugeben musste, dass ein Killerkommando den Journalisten Jamal Khashoggi im Istanbuler Konsulat vorsätzlich getötet hatte, gibt man in Riad nun vor, den Mord aufklären und die Schuldigen zur Rechenschaft ziehen zu wollen. Auf martialische Weise: Der oberste Staatsanwalt fordert in fünf Fällen die Todesstrafe.

Für welche Beschuldigten genau, erfuhr die Öffentlichkeit bisher nicht. Kein Kommentar dazu, ob auf der Liste der ehemalige Berater des Thronfolgers zu finden ist, der den Befehl zu der Tat gegeben haben soll. Oder der bisherige stellvertretende Geheimdienstchef, der das Team nach Istanbul entsandt haben soll. Es dürfte eher unwahrscheinlich sein.

Dass Kronprinz Mohammed bin Salman selbst für die Tat belangt werden könnte, die seine zwei engsten Vertrauten kaum ohne seine Zustimmung veranlassten, ist ausgeschlossen. Er habe nichts gewusst, behaupten die saudischen Ermittler erneut. Die fünf mit der Todesstrafe Bedrohten mögen ein fürchterliches Verbrechen begangen haben. Doch wer sie nun töten lässt, um sich selbst zu schützen, begeht ein weiteres, nicht minder verachtenswertes.

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