Süddeutsche Zeitung

Saudi-Arabien:Eine atemberaubende Karriere

  • Prinz Faisal bin Farhan bin Abdullah al-Saud ist zum neuen Außenminister Saudi-Arabiens ernannt worden.
  • Zuletzt war Faisal bin Farhan der Botschafter des Königreichs in Berlin gewesen.
  • Als Außenminister soll er nun die schwere Aufgabe übernehmen, die Beziehungen Saudi-Arabiens zum Rest der Welt zu normalisieren.

Von Paul-Anton Krüger

Im Sommer ist Prinz Faisal bin Farhan bin Abdullah al-Saud noch einmal nach Bad Harzburg gefahren. Er hatte in Goslar Sigmar Gabriel getroffen, einen scharfen Kritiker Saudi-Arabiens, Bad Harzburg lag auf dem Weg. Der Botschafter des Königreichs in Berlin fand zielsicher noch das Haus, in dem er als Kind Sommerurlaube verbracht hatte. Die Entsendung nach Deutschland war für den Diplomaten auch eine Reise zu seinen Wurzeln. Er ist in Frankfurt geboren, seine Mutter war Deutsche, er spricht die Sprache bis heute fließend, auch wenn er über Politik lieber in Englisch redet. Jetzt, nach nur knapp acht Monaten, wird der 44-Jährige schon wieder nach Riad zurückkehren. König Salman hat ihn zum neuen Außenminister bestellt.

Es ist eine atemberaubende Karriere für einen Mann, der im Januar 2017 in Riad noch sagte, er sei mit seiner privaten Investmentfirma sehr zufrieden und strebe nicht danach, Ämter im Staatsdienst zu übernehmen. Vielleicht war das höfliche Zurückhaltung. Wenig später jedenfalls, so schilderte er es selbst jüngst noch, habe ihn ein Anruf erreicht. "Und als Mitglied der königlichen Familie hat man nicht die Freiheit, nein zu sagen." Er wurde zum Berater des Königlichen Hofes berufen und nach Washington entsandt, wo er als politischer Berater des Botschafters fungiert, damals Prinz Khaled bin Salman, der jüngere Bruder von Kronprinz Mohammed. Nicht erst seit jenen Tagen hat er enge Kontakte in die Spitze des Königshauses.

Ganz überraschend dürfte der Aufstieg für Faisal bin Farhan indes nicht gekommen sein. Er ist seit Langem gut verdrahtet in den USA, wo er studiert hat. Er betrieb ein Luftfahrtunternehmen als Joint Venture mit Boeing und rückte zudem im Mai 2017 in den Vorstand des neu gegründeten staatlichen Rüstungskonzerns Saudi Arabian Military Industries ein, bei dessen Aufbau auch deutsche Manager aus der Branche helfen - ein Amt, das er bis heute bekleidet. Schon als Botschafter hatte Faisal bin Farhan eine herausragende Stellung; er wirkte als Koordinator aller seiner in Europa tätigen Kollege, berichtete direkt an den Kronprinzen. Er war zudem eingebunden in die Restrukturierung des Außenministeriums in Riad, mit der sein Vorgänger Ibrahim bin Abdulasis betraut war, langjähriger Finanzminister des Königreichs.

Normale Beziehungen zum Rest der Welt als schwierige Aufgabe

Nach Deutschland wurde er entsandt, um die diplomatische Krise zwischen Berlin und Riad zu entschärfen. König Salman hatte den Botschafter abgezogen, nachdem der damalige Außenminister Gabriel öffentlich an der Seite seines libanesischen Kollegen Gebran Bassil von "politischem Abenteurertum in der Region" gewarnt hatte - zwar ohne Saudi-Arabien zu nennen, aber kurz zuvor hatte der libanesische Premier Saad al-Hariri von Riad aus in einer Fernsehrede seinen Rücktritt erklärt, die nicht den Eindruck hinterließ, als habe er sie aus freien Stücken gehalten. In Berlin verstand man die Entsendung durchaus als Zeichen der Wertschätzung Riads trotz aller Differenzen.

Als Außenminister kommt ihm mehr noch als in seiner bisherigen Funktion die nicht weniger schwere Aufgabe zu, in den Beziehungen zum Rest der Welt auf eine Normalität hinzuwirken, zu der viele Regierungen nach der Ermordung des Publizisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul vor einem Jahr nicht oder zumindest nicht uneingeschränkt bereit sind. Eine eigentlich geplante Reise von Außenminister Heiko Maas (SPD) nach Riad, die auf seinen Besuch in Teheran folgen sollte, hat bis heute nicht stattgefunden. Faisal bin Farhan ist durchaus bewusst, welchen Schaden dieser Mord für sein Land angerichtet hat.

Für die Suche nach seinen Wurzeln in Deutschland wird ihm nun kaum mehr Zeit bleiben. Lebhaft ist noch seine Erinnerung an die Wohnung der Familie im Offenbacher Stadtteil Kaiserlei. Sein Vater arbeitet damals bei einer Bank in Frankfurt. Auch er wurde damals nach Riad zurückgerufen, früher als er es eigentlich geplant hatte.

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SZ vom 25.10.2019/swi
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