FrankreichSarkozys verlorene Ehre

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Nicolas Sarkozy war von 2007 bis 2012 französischer Präsident.
Nicolas Sarkozy war von 2007 bis 2012 französischer Präsident. (Foto: AFP)

Frankreichs früherem Präsidenten wird der Orden Ehrenlegion aberkannt. Das gab es erst einmal – doch der unrühmliche Vergleich mit dem Vorgänger ist unziemlich.

Von Oliver Meiler, Paris

Nicolas Sarkozy verliert den Titel Ehrenlegion, Frankreichs wichtigsten Verdienstorden, eingerichtet 1802 von Napoleon Bonaparte. Und wer nun denkt, so eine Dekoration sei ja nicht alle Welt, der kennt die Franzosen nicht. Das rote Stoffband oder der rote Stoffknopf am Revers ist ein Stolz, den man gerne herumzeigt, eine Insigne für Beispielhaftigkeit. Die Aberkennung des Ordens ist umgekehrt eine Schmach sondergleichen und kommt selten vor – gerade im höchsten Rang nicht, des Großkreuzes, wie in diesem Fall.

Sarkozy, französischer Präsident von 2007 bis 2012, ist erst der zweite Staatschef Frankreichs, der diesen Orden verliert. Der erste war Philippe Pétain, französischer Staatschef im Zweiten Weltkrieg. Allein dass Sarkozy nun in dieser Sache in einem Atemzug mit dem Chef des kollaborationistischen Regimes von Vichy genannt wird, ist natürlich unziemlich. Pétain wurde 1945 aus dem Kreis der Träger der Ehrenlegion ausgeschlossen, weil er Hochverrat begangen hatte.

Im Vergleich ist Sarkozys Vergehen eine Bagatelle: Er wurde im vergangenen Dezember wegen Korruption eines Richters und wegen illegaler Einflussnahme zu drei Jahren Haft verurteilt. Und weil nur zwei Jahre davon auf Bewährung waren, trifft es nun auch Sarkozy. Das Regelwerk zur Verleihung des Ordens sieht nämlich vor, dass Ordensträger ihren Titel verlieren, wenn sie „zu einem Jahr Gefängnis und mehr“ verurteilt worden sind.

Emmanuel Macron, als Präsident Großmeister des Ordens, hatte versucht, seinen Amtsvorgänger und engen Vertrauten Sarkozy vor der Demütigung zu bewahren. Macron sagte, der ehemalige Präsident sei vom Volk gewählt worden, er habe deshalb Respekt verdient. „Es ist nicht nichts, Präsident Frankreichs gewesen zu sein.“ Er übernahm dabei ganz die Verteidigungslinie von Sarkozys Anwälten in dieser Causa.

Nicolas Sarkozy ließ ausrichten, dass er das Urteil „zur Kenntnis“ nehme

Seine Kritiker erinnerten Macron jetzt daran, dass er einst angetreten war, der Ehrenlegion den alten Glanz zurückzugeben. Jede Auszeichnung geht über seinen Tisch, das sind allein für französische Staatsangehörige 2465 pro Jahr, etwa jeweils zur Hälfte militärische und zivile; jeden Rauswurf kann er veranlassen, per Dekret. Bei Sarkozy wollte er eine Ausnahme machen.

Doch dann wandten sich mehrere Angehörige früherer Träger der Ehrenlegion an das Verwaltungsgericht, damit es entscheide. Es dünkte sie weder richtig noch republikanisch, dass ausgerechnet ein ehemaliger Präsident, der von allen Beispielhaften der Beispielhafteste sein sollte, ohne Disziplinarstrafe davonkomme. Sie machten also die hohe Devise der Ehrenlegion geltend, wonach die Verleihung eines Ordens jeden Ordensträger erst recht in die Pflicht nimmt, verdienstvoll durchs Leben zu gehen. Tut er das nicht, schadet er Amt und Orden gleichermaßen.

Nun wandte das Verwaltungsgericht den Kodex der Ehrenlegion an und verfügte deren Aberkennung für Sarkozy. Das Amtsblatt publizierte den Entscheid am Sonntag. Und Nicolas Sarkozy ließ ausrichten, dass er das Urteil „zur Kenntnis“ nehme.

Er wurde 2005 von Jacques Chirac mit dem Ritterkreuz der Ehrenlegion ausgezeichnet. Nach seiner Wahl zum Präsidenten stieg er automatisch, qua Amt, hoch in den Rang des Großkreuzes. Der Fall ist nun fast ebenso automatisch. Sarkozys Probleme mit der Justiz sind noch lange nicht ausgestanden. Im Herbst wird das Urteil im Prozess erwartet, in dem er angeklagt ist, mit dem ehemaligen libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi einen Korruptionspakt geschlossen zu haben – über etliche Millionen Euro für seine Präsidentschaftskampagne 2007.

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