USA: Sarah Palin und die Republikaner:"Run, Sarah, Run"

Um Sarah Palin ist es verdächtig ruhig geworden. Doch mit einer neuen Webseite und gewohnt kämpferischen Reden bringt sie sich als Präsidentschaftskandidatin in Stellung. Warum die Frontfrau der Tea-Party-Bewegung trotzdem kaum Chancen hat.

Caroline Ischinger

"Ich bin heute sehr stolz auf mich", verkündet Donald Trump und feiert sich im Blitzlichtgewitter. Kurz zuvor hatte er erfahren, dass Präsident Obama seine Geburtsurkunde veröffentlicht hat. Damit sollen die Zweifel einiger rechter Republikaner mit Hang zu Verschwörungstheorien am Geburtsort des US-Präsidenten endlich ausgeräumt werden. Trump, der Immobilienmogul mit eigener TV-Show, hat sich als Sprachrohr für diese "birther" in die Schlagzeilen gedrängt - und liebäugelt öffentlich mit einer Kandidatur als Präsidentschaftskandidat für die Republikaner.

Sarah Palin delivers a speech to a Tax Day rally at the State Capitol in Madison, Wisconsin

"Mr. President, das Spiel beginnt": Sarah Palin vor Anhängern der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung in Madison, Wisconsin, am 16. April.

(Foto: REUTERS)

Aber wo ist Sarah Palin, die Vorkämpferin der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung? Um die Frau, die seit ihrer Berufung zur Vizepräsidentschaftskandidatin im Wahlkampf 2008 die meisten Schlagzeilen unter allen Republikanern für sich verbuchen konnte, ist es verdächtig ruhig geworden. Zuletzt hörten die Amerikaner von Palin vor allem, wenn es um das Enthüllungsbuch ging, dass der Ex-Verlobte ihrer Tochter Bristol für den Herbst angekündigt hatte. Hat Sarah Palin ihre Ambitionen für eine Kandidatur etwa aufgegeben?

Vermutlich nicht. Zumindest sprechen einige Indizien dagegen: Ende 2010 veröffentlichte sie das Buch America by Heart, indem sie wie Obama vor seiner erfolgreichen Kandidatur ihre Werte aufgeschrieben hat. Mitte März reiste die frühere Gouverneurin von Alaska dann mit einem großen Davidstern um den Hals nach Israel. Eine fast obligatorische Warmlaufübung für ambitionierte Kandidaten, die Palin besonders gut zu Gesicht steht, da ihre fehlende außenpolitische Kompetenz gerne als ihre größte Schwäche gilt, seit sie Nordkorea in einem Interview versehentlich zu einem Verbündeten der Amerikaner machte.

Und nun richtete die 47-Jährige eine neue Webseite ein (www.sarahpac.com), auf der ihre Anhänger "Tatsachen" über Sarah Palin nachlesen und mit nur wenigen Klicks für ihre politische Agenda spenden können. Dort ist auch ein Video von einem Auftritt in Madison, Wisconsin, zu sehen, bei dem sie sich kürzlich vor Anhängern der Tea-Party-Bewegung in die Debatte um die Sanierung des US-Haushalts einschaltete. "Herr Präsident, das Spiel beginnt", verkündete sie in silberner Regenjacke.

"Ich denke, es ist noch zu früh, um eine Kandidatur zu erklären", sagte Palin kürzlich einem US-Fernsehsender. Sie kann es sich leisten, auf den richtigen Zeitpunkt zu warten. Von den möglichen republikanischen Bewerbern ist sie die bekannteste und braucht nicht wie manch einer ihrer Konkurrenten die neun Monate bis zu den ersten Vorwahlen, um sich ins Gespräch zu bringen.

Als Kommentatorin bei dem von Republikanern geschätzten Fernsehsender Fox News hat Palin mit ihren Tiraden gegen Obama eine treue Fangemeinde an sich gebunden. Anhänger der Tea-Party-Bewegung widmen ihr sogar Hymnen im Internet und versuchen sie mit "Run, Sarah, Run"-Rufen zu einer Kandidatur zu bewegen. Diese Begeisterung verdankt Palin vor allem ihrer radikalen und populistischen Rhetorik - nach dem Motto: "Nicht aufgeben, nachladen!"

Frontfrau der Tea-Party-Bewegung

Doch auch ihr Erfolg als Frontfrau der Tea-Party-Bewegung bei den Kongresswahlen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie die Mehrheit der Amerikaner mit ihrer Tonlage abschreckt. Gegen Präsident Obama hätte Palin wohl kaum eine Chance.

Sarah Palin arrives to Western Wall plaza in Jerusalem on private

Die Außenpolitik gilt nicht gerade als Stärke der schrillen Politikerin: Sarah Palin bei einem Besuch in Jerusalem Ende März.

(Foto: dpa)

Das hat auch das Establishment der Republikanischen Partei erkannt. Karl Rove, einer der engsten Berater von Ex-Präsident George W. Bush, stellte in Frage, ob Palin für das Präsidentenamt geeignet sei, als Ende des Jahres ihre Reality-TV-Show aus Alaska startete. Und auch die Frau von Bushs Vater George H. W., Barbara Bush, scheint von einer Kandidatur Palins wenig zu halten: "Ich saß einmal neben ihr und dachte: Eine schöne Frau. Mir schien, sie ist sehr glücklich in Alaska. Und ich hoffe, dass sie dort bleibt", stichelte sie in einer Fernsehsendung.

Palin fehlt nicht nur die Fähigkeit, die Mitte der Gesellschaft zu erreichen, ihr fehlt auch: Substanz. "Wir können nicht der Geldautomat der Welt sein und ich würde nicht der Babysitter der Welt sein wollen", wetterte Palin kürzlich auf Fox News gegen Präsident Obama. Um ernsthaft Chancen zu haben, an die Macht zu kommen, müsste Palin ihre eigene Vision davon formulieren, wie die strauchelnde US-Wirtschaft wieder auf die Beine kommt, die hohe Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen ist und wie die USA mit den vielen Brandherden im Nahen Osten umgehen sollen.

Zu einer ernsthaften Belastung könnte nun auch das werden, was bislang als Palins größtes Pfund galt: ihre Bekanntheit. Einige Kommentatoren sprechen bereits von einer "Palin-Müdigkeit". Selbst in ihrem Heimatstaat Alaska sind immer mehr Bürger ihrer Schimpfattacken und Schlammschlachten überdrüssig. Mit ihrer Reaktion auf die Kritik an ihrer Person (sie nannte es "Blutanklagen") nach dem Attentat in Tucson, Arizona, stieß sie auf Unverständnis aus beiden Seiten des politischen Lagers. Palin hatte auf ihrer Webseite eine Karte mit Fadenkreuzen veröffentlicht, auf der auch der Name der demokratischen Abgeordneten Gabrielle Giffords stand, die den Anschlag vom 8. Januar 2011 nur knapp überlebte. Außerdem halten viele die selbsternannte "Grizzly Mom" aus Wasilla, die erst 2007 ihren ersten Pass beantragte, für provinziell.

Zuletzt brachen Palins Beliebtheitswerte landesweit ein. Laut einer Umfrage von New York Times und CBS haben 55 Prozent der US-Bürger ein negatives Bild von Palin, nur 26 Prozent der Befragten sehen sie positiv. Auch ihre Chancen, bei den Vorwahlen der Republikaner als Kandidatin nominiert zu werden, sehen derzeit schlecht aus: Zwar haben von den Anhängern der Partei mehr als die Hälfte ein positives Bild von ihr, doch lediglich fünf Prozent der republikanischen Wähler gaben bei einer weiteren Umfrage von Washington Post und ABC News an, sich bei den Vorwahlen tatsächlich für Palin entscheiden zu wollen.

Falls sie trotzdem kandidiert, wird wohl viel davon abhängen, gegen welche republikanischen Mitstreiter sie bei den Vorwahlen letztendlich antritt und ob, wie die New York Times kommentiert, sie sich künftig besser beraten lässt. Ein Indiz dafür könnte sein: Im Fall der Geburtsurkunde hat Donald Trump am lautesten gerufen.

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