Süddeutsche Zeitung

Palin: Nächster Fettnapf:Sarah zielt auf BP - und trifft Ehemann Todd

Wegen der Ölpest vor der Golfküste macht Sarah Palin Stimmung gegen British Petrol - die US-Rechte hat wohl vergessen, wo ihr Gatte bis 2009 arbeitete.

Oliver Das Gupta

Sarah Palin wird sich an diesem Donnerstag vielleicht ein bisschen über die eigene Gedankenlosigkeit ärgern, gewiss aber wird sie intensiv Zwiesprache mit dem lieben Gott halten.

Denn heute findet in den offiziell laizistischen Vereinigten Staaten der nicht minder offizielle Day of Prayer statt; ein gesetzlich festgelegter Tag, an dem die amerikanischen Bürger die Händen falten und dem Herrn im Himmel für Baseball, Beef und eine starke Armee danken sollen.

Daran dachte wohl auch Präsident Ronald Reagan, als er seinerzeit zum Gebetstag möglicherweise überrascht feststellte: "Amerika braucht Gott mehr als Gott die Amerikaner braucht." Sarah Palin, intellektuell mindestens genauso beschlagen wie Reagan, zitiert diese Worte auf ihrem Twitter-Account.

Fünf Stunden später folgt der nächste Tweet. Der gilt nicht dem lieben Gott, sondern der Ölpest vor der Golfküste Amerikas: "Foreign oil co's: don't naively trust", warnt Palin ihre Mitbürger. "Ausländische Ölkonzerne: Vertraut ihnen nicht naiv." Dies sei Alaskas Lektion aus der Katastrophe im fernen Süden des Landes. "Prüft nach", fordert Palin.

Der "ausländische Ölkonzern", auf den die forsche Ultrakonservative abzielt, ist der Mineralölriese British Petrol, kurz BP. Dass BP längst eine multinationale Firma ist und dass man Großkonzernen generell nicht blind vertrauen sollte, ist bekannt.

Aber das ist der Ikone der US-Rechten vermutlich wurscht. Sarah Palin wollte wohl einfach mal wieder ihr Klientel bedienen, das bis Rechtsaußen reicht.

Palin schickt sich an, nächste Präsidentschaftskandidatin ihrer Republikanischen Partei zu werden. Mit solchen Äußerungen will sie besonders patriotisch wirken, denn es schwingt ja mit, dass man einer einheimischen Firma mehr vertrauen könnte. Vor allem aber zielt die ehemalige Gouverneurin aus Alaska offen auf xenophobe Reflexe.

Sarah Barracuda hat mal wieder zugeschnappt, so wie der Raubfisch: Schnell und kräftig. Und offenbar ohne groß nachzudenken: Pech für Palin, dass BP auch in ihrem Alaska Öl fördert und so für eine Menge Arbeitsplätze sorgt. Und noch größeres Pech ist, dass einen dieser Jobs ihr Ehemann hatte.

Es war offenkundig eine für beide Seiten vertrauenswürdige Zusammenarbeit: Beachtliche 18 Jahre verbrachte Todd Palin bei BP, als Manager, sein Haupteinsatzgebiet war die North-Slope-Region.

2007 endete das Engagement zwischenzeitlich, schließlich war seine Frau Gouverneurin geworden und der Staat Alaska war Geschäftspartner von BP. Interessenkonflikte sollten vermieden werden.

Indirekter Sponsor Chávez

Sieben Monate später waren alle Bedenken verflogen, Todd Palin stieg wieder ein. Seine Begründung: Die Familie brauche Geld. Immerhin war es diesmal keine Position im Management. Im vergangenen Herbst verließ der fünffache Vater dann BP. Er wolle mehr Zeit mit der Familie verbringen.

Dass sich Sarah Palin mit ihrer jüngsten Attacke lächerlich gemacht hat, dürfte Palin egal sein. Die stramme Konservative hat so viele Skandälchen ausgelöst, sie hat sich so oft widersprochen und Peinlichkeiten verursacht:

Im Präsidentschaftswahlkampf wollte sie ihre außenpolitische Kompetenz belegen, indem sie darauf verwies, dass man vom heimatlichen Alaska Russland sehen könnte. Palin ließ sich von einem Anrufer narren, der sich als Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ausgab.

Dann die Sache mit Tochter Bristol, die unverheiratet und minderjährig schwanger wurde - und das, obwohl Mutter Sarah eine ach-so-rigide Sexualmoral vertritt. Allein im Wahlkampf 2008/2009 gab es eine stolze Anzahl solcher Episoden.

Auch nach der krachenden Wahlniederlage des Gespanns McCain/Palin sorgte die Frau aus dem Städtchen Wasilla für Kopfschütteln: Unvergessen ist ihr Auftritt bei der erzreaktionären Tea-Party-Bewegung, bei dem sie gegen den Teleprompter benutzenden Barack Obama vom Leder zog - und dabei selbst auf ihre Hand spickte, auf die sie naheliegende Stichworte gekritzelt hatte.

Zuletzt sorgte Gatte Todd für eine amüsante Schlagzeile: Der ließ sein Snowmobile-Rennteam von einem Schmiermittel-Hersteller aus der Unternehmensfamilie des venezolanischen Mineralölkonzerns PDVSA sponsern. Der Konzern ist staatlich und steht somit unter der Fuchtel von Venezuelas linkspopulistischem Präsidenten Hugo Chávez - einem Mann, der für Sarah Palin ein "Diktator" ist.

Chavez hin, BP her: Solche Missgeschicke perlen an Palin ab: Die Frau verfügt über ein robustes Selbstbewusstsein und ähnelt in dieser Hinsicht George W. Bush, wobei der angeblich humorvoll sein kann.

Etwas bleibt noch zu erwähnen, ein Detail vom Ausscheiden von Todd Palin bei BP im vergangenen September: Den Abschiedsschmerz vom nun geschmähten Ölkonzern durfte ausgerechnet Sarah Palins Sprecherin in Worte fassen: "Todd liebte seinen Job", beteuerte sie. "Und er hofft, zurückzukehren."

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