Sanktionen gegen Syrien:EU-Einreisesperre - jetzt auch für Assad

Seit Wochen lässt Syriens Präsident Assad auf Demonstranten schießen, die Proteste der internationalen Gemeinschaft ignoriert er. Nach den USA verschärft nun auch die Europäische Union ihre Gangart - und weitet ihre Sanktionen auf den Herrscher in Damaskus aus.

Die Europäische Union hat die Sanktionen gegen Syrien verschärft. Davon betroffen ist nun auch Präsident Baschar al-Assad selbst: Die Gemeinschaft belegt den syrischen Herrscher mit einem Einreiseverbot und Vermögenssperren. Zudem haben die EU-Außenminister bei einem Treffen in Brüssel neun weitere Vertreter der Regierung in Damaskus auf die Sanktionsliste gesetzt. Die EU will Assad so zu einem Ende der Gewalt gegen die Protestbewegung bewegen.

Sanktionen gegen Syrien: Solidaritätskundgebung mit der syrischen Protestbewegung vor Syriens Botschaft in London: Demonstranten schlagen mit Schuhen auf ein durchgestrichenes Bild von Präsident Baschar al-Assad.

Solidaritätskundgebung mit der syrischen Protestbewegung vor Syriens Botschaft in London: Demonstranten schlagen mit Schuhen auf ein durchgestrichenes Bild von Präsident Baschar al-Assad.

(Foto: AFP)

Bei einer ersten Sanktionsrunde hatten die EU-Länder 13 Vertreter der Regierung in Damaskus mit Strafmaßnahmen belegt, darunter einen Bruder sowie mehrere Cousins von Assad, den Staatschef selbst aber zunächst verschont. Im EU-Parlament war dies scharf kritisiert worden.

Assad sei diese "Brücke gebaut worden, dass er selbst von Sanktionen dann nicht betroffen ist, wenn er zurückkehrt zu einer Politik des Dialoges und seine Repressionen gegen das eigene Volk einstellt", erklärte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) in Brüssel. "Diese Brücke (...) hat er nicht betreten." Deswegen werde nun auch Assad mit Strafmaßnahmen belegt.

Vor wenigen Tagen hatte die US-Regierung Strafmaßnahmen gegen Syriens Herrscher verhängt. Sein Vermögen wurde in den USA eingefroren und US-Bürgern ist es verboten, Geschäfte mit ihm zu tätigen. Allerdings handelte es sich dabei vorrangig um eine symbolische Maßnahme. Unklar war, ob Assad überhaupt über Vermögen in den USA verfügte.

Die syrische Führung geht seit Wochen mit Gewalt gegen Demonstranten vor. Auch am Wochenende erschossen Sicherheitskräfte nach Angaben von Menschenrechtlern in der Stadt Homs mehrere Demonstranten. Diese waren Teilnehmer eines Trauerzugs, um den Opfern der Proteste am Vortag die letzte Ehre zu erweisen. Beim Verlassen des Friedhofs riefen sie "stürzt das Regime!", daraufhin seien Schüsse gefallen. "Es wurde kaltblütig geschossen", sagte ein Zeuge.

Nach Angaben der UN kamen seit Mitte März mehr als 850 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften ums Leben, mehr als 8000 Menschen wurden festgenommen. Die Behörden hatten in der Vergangenheit mit massiven Polizeiaufgeboten verhindert, dass die landesweiten Proteste der Regimegegner auf das Zentrum von Damaskus übersprangen.

Assad genehmigt Schweigemarsch

An diesem Montag dann die Überraschung: Erstmals hat Assads Regime eine Kundgebung in Damaskus genehmigt - allerdings unter strengen Auflagen. Es sollte ein Schweigemarsch sein, Ansprachen, Parolen und Transparente waren nicht vorgesehen. Die Kundgebungsteilnehmer sollten lediglich brennende Kerzen in der Hand halten und auf diese Weise der Toten der Revolte gedenken.

Unter syrischen Aktivisten entbrannte denn auch eine Debatte darüber, ob sich die Kundgebung unter den strengen behördlichen Auflagen überhaupt lohne. Einige forderten zur "massenhaften Beteiligung" auf, die Mahnwach als Sitzstreik zu nutzen und diesen so lange fortzuführen, bis Assad zurücktritt.. Andere äußerten wiederum die Befürchtung, das Regime lasse die Protestbewegung "in eine Falle laufen".

Die Organisatoren haben die Mahnwache inzwischen abgesagt. Aus Behördenkreisen verlautete, die Versammlung werde auf Bitten der Veranstalter nicht stattfinden. Näheres war zunächst nicht bekannt.

Syrien hat die Zulassung von Demonstrationen und Versammlungen erst vor einem Monat juristisch geregelt. Das Gesetz sieht vor, dass Kundgebungen fünf Tage im Voraus beim Innenministerium angemeldet und von diesem auch ausdrücklich genehmigt werden müssen. Demonstrationen für Demokratie und Freiheit haben aber keine Aussicht, die Erlaubnis zu erhalten.

Strafmaßnahmen auch gegen Iran, Weißrussland und Libyen

Die EU erhöhte auch den Druck auf den Iran. Die Außenminister beschlossen, Konten und Vermögenswerte von insgesamt 100 Firmen einzufrieren - darunter auch die der Europäisch-Iranischen Handelsbank in Hamburg. Zudem wurden fünf weitere Personen mit einem Verbot der Einreise in die EU belegt und deren Konten in Europa eingefroren. Durch den wachsenden wirtschaftlichen Druck soll die Regierung in Teheran dazu gebracht werden, ihr Atomenergieprogramm einzustellen. Die Islamische Republik steht im Verdacht, unter dem Deckmantel des Forschungsprogramms Nuklearwaffen zu entwickeln, was das Land bestreitet.

Nach den harten Urteilen gegen Oppositionelle in Weißrussland wurden ebenfalls weiter Strafmaßnahmen gegen Minsk beschlossen. 13 Personen, zumeist Richter und Staatsanwälte, sollen der Sanktionsliste hinzugefügt werden. Die Libyen-Sanktionen wurden um einen Unterstützer von Machthaber Muammar al-Gaddafi und ein Unternehmen erweitert.

Nach der Warnung von US-Präsident Barack Obama vor einer wachsenden Isolation Israels erhöht auch die EU den Druck auf Ministerpräsident Benjamin Netanjahu: "Es ist jetzt die Zeit, sich zu bewegen", sagte der schwedische Außenminister Carl Bildt an Netanjahu gerichtet. Die einzige mögliche Verteidigung für Israel sei der Frieden mit den Palästinensern. "Das ist die einzige Sicherheitsgarantie."

Die EU sehe die Grenzen von 1967 und einen möglichen Landtausch schon seit Langem als Grundlage für Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern, betonte EU-Außenpolitikchefin Catherine Ashton. Das sei ein guter Startpunkt und im eigenen Interesse Israels.

Außenminister Westerwelle zeigte sich erfreut, dass sich Obama dem angeschlossen habe "und dass die USA jetzt wieder zu den Drängenden gehören". Auch er forderte Israel und die Palästinenser auf, jetzt zu direkten Verhandlungen zurückzukehren. "Das Fenster der Gelegenheit kann sich schnell schließen." Obama hatte am Donnerstagabend in einer Grundsatzrede einen neuen Anlauf für den Nahost-Friedensprozess gefordert und die Grenzen von vor dem Sechs-Tage-Krieg als Grundlage vorgeschlagen

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