Österreich:Kommunisten ante portas

Österreich: Der Salzburger KPÖ-Landessprecher Kay-Michael Dankl.

Der Salzburger KPÖ-Landessprecher Kay-Michael Dankl.

(Foto: Eibner-Pressefoto/imago/Eibner Europa)

Umfragen prognostizieren der KPÖ im Salzburger Land zwischen vier und sieben Prozent. Am Ende könnten aber vor allem die Rechten profitieren.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Kay-Michael Dankl steht kurz davor, eine Sensation zu schaffen. Für viele Kleinparteien ist es ein Hauptgewinn, über die Fünfprozenthürde zu kommen. Aber wenn die Kommunisten, die im Westen Österreichs unter "KPÖ plus" firmieren, tatsächlich im erzkonservativen, für Hochkultur und Festspiele berühmten, politisch von alten Netzwerken und dichten Strippen durchzogenen Salzburg in den Landtag einziehen würden - dann wäre das für manch Alteingesessenen wohl ein regelrechter Schock. Es hatte schließlich schon Schlagzeilen genug gegeben, als sich die ÖVP bei der letzten Wahl 2018 mit Neos und Grünen zu einer "Dirndl-Koalition" zusammentat.

Jetzt steht also Kay-Michael Dankl ante portas. Bei der Runde der Spitzenkandidaten im ORF am Mittwoch musste der junge Gemeinderat, der hauptberuflich als Kulturvermittler im Salzburg-Museum arbeitet, noch aussetzen, weil die KPÖ bisher nicht im Landtag sitzt. Aber in Umfragen werden Dankl und seinem Team für die Landtagswahl am kommenden Sonntag zwischen vier und sieben Prozent der Wählerstimmen vorausgesagt. Im Interview mit der SZ sagt der Politiker dazu, allein die Prognosen bestärkten viele Wähler darin, dass eine Stimme für die KPÖ diesmal keine verlorene Stimme sei; das mache ihn zusätzlich optimistisch.

Der Frust heimatloser Sozialdemokraten

Meinungsforscher interpretieren den neuen Trend zur Linken auch als Zugewinn aus dem Frust heimatloser Sozialdemokraten, die über die internen Streitigkeiten der Bundes-SPÖ und die - mitten im Salzburger Wahlkampf angesetzte - Mitgliederbefragung für den Bundesparteivorsitz verärgert sind. Dazu Dankl: "Wir kümmern uns um Schlüsselthemen, um die sich offiziell auch andere, auch die SPÖ, kümmern. Aber die Wähler sehen, dass wir leben, was wir fordern." So habe er in den vergangenen Jahren allein 28 000 Euro aus seinen Diäten abgegeben und damit etwa 500 Menschen geholfen.

Dass der Politikberater Thomas Hofer den Kommunisten einen "Links-Populisten" nennt, stört diesen nicht. Er redet lieber über Wohnungsnotstand und explodierende Mieten. Alle Parteien werben mit dem Kampf für "leistbares Wohnen" im teuren Salzburg. Die KPÖ plus aber, so Dankl, nehme Grundbedürfnisse wie ein Dach über dem Kopf, Wärme, Wasser und Licht wichtiger "als Zweckentfremdung, Airbnb oder Immobilienprofite". Zum Wahlkampfauftakt vor einigen Wochen lud er demonstrativ in ein kleines Hotelzimmer in einer Villa, die mal ein Wohnhaus gewesen war und von einem Investor in ein Boutiquehotel umgewandelt wurde.

Die KP in Österreich ist politisch nicht nur in Salzburg wieder in Mode. Erst vor anderthalb Jahren war die KPÖ-Politikerin Elke Kahr in der steirischen Hauptstadt Graz zur Bürgermeisterin gewählt worden. Sie gilt als Kümmerin, als eine, die lieber Bürgern bei ihren Anliegen hilft, als in Sitzungen zu hocken. Über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sollte man mit Kahr besser nicht sprechen, da ist ihre Positionierung etwas wackelig.

Aber als Lokalpolitikerin gilt sie als persönlich bescheiden und skandalfrei. Die FPÖ ist derweil in der Steiermark im Niedergang, seit die Staatsanwaltschaft wegen der Veruntreuung von vielen Hunderttausend Euro Fraktionsgeldern ermittelt. Und die ÖVP ist ebenfalls mit Vorwürfen der Misswirtschaft, einer desaströsen Verkehrs- und Baupolitik konfrontiert. Kay-Michael Dankl nennt die KPÖ-Kollegen in Graz daher ein "Vorbild".

Der Kommunist, der gern Dialekt spricht, war mal bei den Grünen engagiert, während er noch Geschichte studierte. Er ist ein geschickter Selbstvermarkter und setzt auf Bilder: Bei einer großen Wahlkampfveranstaltung der ÖVP stand Dankl vor der Halle mit einer riesengroßen Säge aus Pappe, Stichwort: "Wir wollen auch nach der Wahl eine Nervensäge bleiben." Das, sagt er, sei auch ein Versprechen an bisherige Nichtwähler, die aus Frust nicht mehr zur Wahl gingen.

Bleibt die Koalitionsfrage nach dem 23. April. Da werden die Kommunisten zwar nicht mitmischen, aber sie werden anderen Kleinparteien Stimmen abnehmen. Wilfried Haslauer, langjähriger, konservativer Landeshauptmann, hat sich mit - für ÖVP-Verhältnisse - ungewöhnlich scharfen Worten von den Freiheitlichen unter ihrem radikalen Parteichef Herbert Kickl distanziert. In Wahlkampfreden verurteilte er "Niedertracht, Hass, Unterstellung, Neid und Boshaftigkeit". Umfragen sagen der ÖVP Verluste voraus, und sollten etwa die Neos es nicht mehr in den Landtag schaffen, könnte eine schwarz-blaue Zusammenarbeit im Raum stehen.

Haslauer betont, dass er das nicht wolle. Aber die FPÖ dürfte zweitstärkste Partei werden. Und sie hat mit der jungen Landesparteichefin, Marlene Svazek, eine selbstsichere, scheinbar gemäßigt auftretende Protagonistin, die in Wien schon für Höheres gehandelt wird. Beide - Kay-Michael Dankl auf der Linken und Marlene Svazek auf der Rechten - dürften daher ein Wörtchen mitreden darüber, wie es in Salzburg nach der Wahl weitergeht.

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