Sachsen:Vorsichtig Richtung Kenia

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Die gute Laune ist in Sachsens Koalition aus CDU, SPD und Grünen verflogen. Ministerpräsident Michael Kretschmer (li.) wirft der SPD vor, den Aufstieg der AfD zu verantworten. Wirtschaftsminister Martin Dulig (re.) findet das "befremdlich". (Foto: Robert Michael/dpa)

In Dresden sondieren CDU, Grüne und SPD, ob sie koalieren sollen.

Von Ulrike Nimz, Leipzig

Wenn CDU, Grüne und SPD in den kommenden Wochen in Dresden zusammenkommen, um Gemeinsamkeiten für eine möglichst stabile Regierung auszuloten, dann mag sich der ein oder andere an Sportereignisse erinnert fühlen: Da werden Teams aufgestellt und Ziele formuliert. Da wird taktiert und Fairness angemahnt. Am Ende will jede Partei Punkte machen, wenngleich der Gewinner am Ende natürlich das Land sein soll.

Seit Anfang der Woche wird nun also sondiert in Sachsen. Zum Auftakt im Dresdner Ständehaus zeigten sich die Parteien und ihre zehnköpfigen Delegationen unverbindlich optimistisch: "Politik muss Freude machen", sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Man wolle gestalten statt verwalten, sei an Ideen der Anderen interessiert und auf Augenhöhe. Man wolle den Aufbruch wagen, Unterschiede keineswegs wegwischen, hieß es vonseiten des grünen Spitzenduos Katja Meier und Wolfram Günther. "Vielleicht ist diese Koalition die richtige Antwort auf die Herausforderungen dieser Zeit", sagte SPD-Chef Martin Dulig. Ein Wort, das alle potenziellen Bündnispartner immer wieder nutzten: Zusammenhalt.

Die Werte-Union listet auf, was CDU und Grüne trennt: Kohle, Cannabis, Tempolimit, Wolf

Die Stärkung der Zivilgesellschaft, das Überwinden der Kluft zwischen Stadt und Land sowie mehr Bürgerbeteiligung haben sich alle drei Parteien schon im Wahlkampf auf die Fahnen geschrieben. Während die SPD nun als "Anwalt der Arbeiter" in die Verhandlungen geht, streiten die Grünen für bezahlbaren Wohnraum, ein Gleichstellungs- und ein Transparenzgesetz. Die CDU als klare Wahlsiegerin könnte sich das alles entspannt anhören, gäbe es da nicht die Spielverderber in den eigenen Reihen. Die Werte-Union, der konservative Flügel, versendet regelmäßig E-Mails, in einer sind vermeintliche Unvereinbarkeiten zwischen Sachsens Grünen und der CDU gelistet: Kohleausstieg, Tempolimit, Cannabis und der Wolf - insgesamt 18 Punkte. Eine Minderheitsregierung, wie sie die Werte-Union will, hat Kretschmer jedoch ausgeschlossen, genauso wie eine Zusammenarbeit mit Linken und der AfD. Eine "Kenia-Koalition" ist die wahrscheinlichste Option im Freistaat, nur spricht der Ministerpräsident lieber von einer "Sachsen-Koalition".

Bis diese steht, wird einige Zeit ins Land gehen: Neun Arbeitsgruppen sollen Einendes herausarbeiten und politische Ziele definieren. Am 27. September und 3. Oktober sind weitere Treffen in großer Runde anberaumt. Nur wenn diese zur Zufriedenheit aller verlaufen, werden Parteigremien entscheiden, ob es überhaupt zu Koalitionsverhandlungen kommt.

© SZ vom 19.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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