Die Sondierung für eine Regierungskoalition aus CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD in Sachsen ist gescheitert. Die Gespräche wurden ergebnislos abgebrochen, wie das BSW mitteilte. Man habe sich bei der sogenannten Friedensformel, der Migrationspolitik und dem Thema Finanzen nicht einigen können.
Nach einem dritten Treffen zum Thema Krieg und Frieden warf das BSW den potenziellen Koalitionspartnern vor, einem Bekenntnis zum Frieden nicht zustimmen zu wollen: „Wer so Politik macht, verliert die Menschen im Land“, erklärte die Landesvorsitzende Sabine Zimmermann. „Dieser furchtbare und völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands in der Ukraine beunruhigt so viele auch bei uns in Sachsen, dass eine neue Landesregierung diese Sorgen und Ängste aufgreifen muss. Wer das nicht tut, verschließt Augen und Ohren.“
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gab der BSW-Namensgeberin die Schuld am Scheitern der Sondierung. „Dass Frau Wagenknecht ihren sächsischen Leuten so die Beine stellt, ist keine gute Entwicklung“, sagte Kretschmer und sprach von einer großen Enttäuschung. Die Sondierung sei überraschend abgebrochen worden: „Das haben wir so nicht gesehen.“ Die Entscheidung sei nicht in Sachsen, sondern in Berlin gefallen.
Sachsen:AfD will mutmaßliche Terroristen nach Razzia ausschließen
Drei Parteimitglieder sollen der mutmaßlichen Neonazi-Gruppierung „Sächsische Separatisten“ angehören. Nachdem das bei einer Razzia bekannt geworden ist, will die Partei ihnen sofort die Mitgliedsrechte entziehen.
Wagenknecht: „Unser Platz ist in der Opposition“
Wagenknecht dagegen wies am Mittwochabend diese Schuldzuweisung von sich. Sie sieht die Verantwortung bei den anderen Parteien. „CDU und SPD haben leider das Wahlergebnis nicht verstanden“, teilte sie der Süddeutschen Zeitung mit. „Das BSW ist nicht die letzte Machtreserve für ein Weiter-so, sondern dafür gewählt worden, echte Veränderung in einer soliden Regierung zu ermöglichen: für Frieden, bessere Bildung, einen Stopp der unkontrollierten Migration, innere Sicherheit und Meinungsfreiheit. Wenn diese Ziele an der Blockade der anderen Parteien scheitern, ist unser Platz in der Opposition.“
Damit zeigt sich, dass das BSW bei dem bleibt, was es in den vergangenen Tagen immer wieder deutlich gemacht hat: Regieren wird es nur, wenn es bei den für das Bündnis so wichtigen Themen wie Stationierung von US-Mittelstreckenraketen oder Waffenlieferungen an die Ukraine ein deutliches Entgegenkommen der anderen Parteien erwarten kann.
Schon der in Erfurt ausgehandelte Kompromiss hatte der BSW-Bundesspitze nicht gereicht und für reichlich Ärger gesorgt. In einem Beschluss des Parteivorstands zu den im Thüringer Sondierungspapier festgehaltenen Ergebnissen hieß es bereits: Sollten sich CDU und SPD nicht bereit zeigen, sich bei den für das BSW „wichtigen Fragen zu bewegen, sollten wir darauf verzichten, in eine gemeinsame Regierung einzutreten“. Das macht das BSW in Sachsen nun bereits wahr.
Bündnis Sahra Wagenknecht:Es kann nur eine geben
Dass es zwischen Sahra Wagenknecht und Katja Wolf nicht lang gut gehen wird, war absehbar. Immer gnadenloser funkt das BSW aus Berlin dazwischen in Thüringen – als säßen da Lernschwache am Verhandlungstisch mit SPD und CDU. Na dann: Sie oder ich?
Unklar ist, wie es in Sachsen weitergeht. Nach Kretschmers Worten wird darüber nun in den Parteigremien beraten. Man benötige eine Denkpause über das Wochenende.
Da die CDU Koalitionen mit der AfD und den Linken ausschließt, bleibt Kretschmer im Grunde nur die Option, eine Minderheitsregierung zu bilden. Das hatten stark konservative Kräfte in der Union zuletzt wiederholt gefordert. Kretschmer sprach sich dagegen aus. Bei einer solchen Regierung sei man jeden Tag in Verhandlungen, das binde unglaublich viel Kraft, hatte er argumentiert. Am Dienstag hatte sich Kretschmer überraschend mit AfD-Chef Jörg Urban getroffen, angeblich ist dort über „landespolitische Themen“ gesprochen worden, wie die Leipziger Volkszeitung berichtete. Eine Zusammenarbeit von CDU und AfD schloss Kretschmer dennoch erneut aus.
Laut Verfassung muss der sächsische Ministerpräsident innerhalb von vier Monaten nach der Konstituierung des neuen Landtags gewählt werden. Die Frist läuft Anfang Februar 2025 aus. Andernfalls ist das Parlament aufzulösen und eine Neuwahl steht an.