Sachsen:Ministerpräsident Kretschmer im zweiten Wahlgang wiedergewählt

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CDU-Politiker Michael Kretschmer ist der alte und neue Ministerpräsident Sachsens.
CDU-Politiker Michael Kretschmer ist der alte und neue Ministerpräsident Sachsens. (Foto: Robert Michael/dpa)

Weil seine Minderheitskoalition aus CDU und SPD keine absolute Mehrheit hat, fällt Kretschmer zunächst durch. Dann ändern viele Abgeordnete ihr Stimmverhalten – wohl auch, um einen „Kemmerich-Moment“ zu verhindern.

Von Philipp Saul

Der Sächsische Landtag hat Michael Kretschmer als Ministerpräsident des Freistaats wiedergewählt. Das teilte Landtagspräsident Alexander Dierks (CDU) mit. Nachdem Kretschmer im ersten Wahlgang noch durchgefallen war, erhielt der CDU-Politiker in der zweiten Runde 69 Stimmen.

Offenbar sprachen sich nicht nur die Abgeordneten der Minderheitskoalition von CDU und SPD für ihn aus, sondern auch mehrere Oppositionelle. AfD-Kandidat Jörg Urban bekam eine Stimme, der Kandidat der Freien Wähler, Matthias Berger, 39. Elf Parlamentarier enthielten sich.

Kretschmer wertete das Ergebnis der Wahl als Zeichen des Vertrauens. „Wir können viele Herausforderungen meistern, wenn wir zusammenhalten“, sagte er. Kretschmer betonte den Wunsch, über Parteigrenzen hinweg zu arbeiten. Er dankte in seiner Rede nicht nur CDU und SPD, sondern auch einer „verantwortungsvollen Opposition“. Gleichzeitig betonte er, dass es nicht einfach werde. „Vor uns liegen anstrengende Jahre.“

Im ersten Wahlgang hatten 55 Parlamentarier für Kretschmer gestimmt, 40 für Urban und sechs für Berger. Es gab sieben Enthaltungen. Wer wann für wen gestimmt hat, lässt sich nach der geheimen Abstimmung nicht nachvollziehen. Jedoch ist zu vermuten, dass viele AfD-Abgeordnete im zweiten Wahlgang von ihrem Fraktionschef Urban auf Berger umgeschwenkt sind. In den anderen Fraktionen hingegen dürften viele Abgeordnete im zweiten Durchgang für Kretschmer gestimmt haben, um zu verhindern, dass Berger wegen entscheidender AfD-Stimmen zum Ministerpräsidenten gewählt wird.

Immer wieder war rund um die Abstimmung von einem „Kemmerich-Moment“ die Rede gewesen, den die meisten Parteien verhindern wollten. Im Nachbarbundesland Thüringen hatte die AfD 2020 zwar einen eigenen Kandidaten aufgestellt, dann aber mit ihren Stimmen dem FDP-Politiker Thomas Kemmerich ins Amt des Regierungschefs verholfen. Das löste ein politisches Beben aus. Kemmerich nahm die Wahl an, trat aber drei Tage später nach öffentlichem Druck zurück.

AfD und Grüne hatten vor dem ersten Wahlgang angekündigt, Kretschmer keine Stimme zu geben. Die Grünen schlossen dies für spätere Runden aber nicht aus. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wollte nach eigenen Angaben nicht einheitlich abstimmen. Die Abgeordneten würden sich zwischen Kretschmer und Berger entscheiden. BSW-Stimmen für den AfD-Kandidaten Urban hatte Fraktionschefin Sabine Zimmermann ausgeschlossen.

Der CDU-Politiker erhielt in der zweiten Runde 69 Stimmen.
Der CDU-Politiker erhielt in der zweiten Runde 69 Stimmen. (Foto: JENS SCHLUETER/AFP)

Nach Angaben von Parteigründerin Sahra Wagenknecht bekam das BSW „gewisse Zusagen“ und unterstützte deshalb die Wahl Kretschmers zum Ministerpräsidenten. Man habe bei der Regierungsbildung in Dresden kein Chaos stiften wollen. Die Zusagen bezogen sich nach Wagenknechts Worten darauf, dass Kretschmer in bestimmten Bereichen keine Kürzungen vornehme und dass für Frieden „bestimmte Initiativen“ möglich würden. Genaueres sagte sie nicht.

CDU und SPD werden weiter Unterstützung brauchen

Die Linken hatten unmittelbar vor der Wahl bekanntgegeben, für Kretschmer zu votieren. „Wir gewähren Michael Kretschmer einen Vertrauensvorschuss, stellen aber keinen Blankoscheck aus“, erklärte Fraktionschefin Susanne Schaper. Die CDU habe zwar 34 Jahre lang die Vorschläge im Landtag stur abgelehnt. Da Kretschmer diese „unsinnige Haltung“ jetzt aber offenbar aufgeben wolle, sei das ein Schritt nach vorn.

Ohne eigene absolute Mehrheit werden CDU und SPD auch in Zukunft bei Gesetzgebungsvorhaben auf Stimmen von anderen Parteien angewiesen sein. Sie haben deshalb einen Konsultationsmechanismus angekündigt, mit dem die anderen Fraktionen frühzeitig eingebunden werden sollen. Sie sollen im Landtag Gelegenheit haben, Positionen zu den wesentlichen Vorhaben der Regierung zu artikulieren. Die unterschiedlichen Auffassungen sollen dann in den Gesetzgebungsprozess einfließen.

Nach der Landtagswahl im September galten CDU, BSW und SPD als mögliche Koalitionspartner, jedoch scheiterten sie in der Sondierungsphase an unterschiedlichen außenpolitischen Vorstellungen. CDU und SPD entschlossen sich daraufhin zu einer Minderheitsregierung.

Die CDU war bei der Landtagswahl mit 31,9 Prozent knapp vor der AfD stärkste Kraft geworden und stellt im Parlament 41 Abgeordnete, einen mehr als die AfD. Das BSW ist mit 15 Frauen und Männern vertreten, die SPD mit zehn Parlamentariern. Die Grünen kommen auf sieben, die Linken auf sechs Abgeordnete. Von den Freien Wählern sitzt nur ein Mandatsträger im Landtag.

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