Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl:Eine kleine Enttäuschung für die AfD

Bei den Landratswahlen in Sachsen holen Kandidaten der Partei zwar zweistellige Ergebnisse - für einen Sieg im ersten Anlauf reicht es jedoch nicht. Bei der CDU läuft es etwas anders.

Von Antonie Rietzschel, Leipzig

Es gab Zeiten, da musste sich die CDU über ihre Machtbastionen in der Provinz keine Gedanken machen. Über Jahrzehnte führten ältere, erfahrene Herren die Landratsämter, deren Wiederwahl vor allem eines war: reine Formsache. Damit ist es nun vorbei, wie die vorläufigen Ergebnisse der Landratswahlen in Sachsen zeigen. Nur in den Landkreisen Nordsachsen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und Leipzig konnten die Kandidaten der CDU schon im ersten Wahlgang die nötige absolute Mehrheit erringen. In weiteren sechs Landkreisen wird erst der zweite Wahlgang Anfang Juli über die künftigen Amtsträger entscheiden.

Selten finden Kommunalwahlen überregional besondere Beachtung. Doch in Sachsen steht politisch viel auf dem Spiel. Die AfD hat im Land bei Bundes- und Landtagswahlen etliche Direktmandate geholt, für die Landratswahl stellte sie in fast allen Kreisen Kandidaten auf, um erstmals einflussreiche Ämter zu besetzen. Landräte sind für Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser zuständig, aber auch für Asyl- und Gesundheitsämter, deren politische Bedeutung in den Krisen der zurückliegenden Jahre mehr als deutlich wurde. Zuletzt in der Corona-Pandemie, als sich Landräte in Sachsen weigerten, Corona-Schutzmaßnahmen durchzusetzen oder gar die Impfpflicht für Pflegepersonal.

Zu den Landratswahlen hatte sich die AfD auch deshalb gute Chancen ausgerechnet, weil viele altgediente CDU-Landräte in den Ruhestand gehen, so dass die CDU häufig mit jüngeren und unbekannteren Kandidaten warb. Dem Landtagsabgeordneten der AfD im Landkreis Mittelsachsen, Rolf Weigand, hätte man am ehesten zugetraut, gleich beim ersten Anlauf alle anderen Kandidaten hinter sich zu lassen. Im Wahlkampf thematisierte er einen besseren Hochwasserschutz und eine bürgernahe Verwaltung, zugleich positionierte er sich gegen eine Impfpflicht und forderte, Asylbewerber zum Arbeitsdienst zu zwingen. Weigand holte bei der Landratswahl 28 Prozent und landete auf Platz drei. Für ihn und viele andere AfD-Kandidaten dürfte es ein enttäuschender Abend sein.

Auch rechtsextreme "Freie Sachsen" stellten eigene Kandidaten auf

So dürfte es Dirk Neubauer sein, der der CDU in Mittelsachsen das Landratsamt streitig macht. Der Bürgermeister von Augustusburg ist kein Unbekannter, in der Corona-Pandemie vertrat er lautstark die Sorgen und Nöte der Kommunen. Der frühere Sozialdemokrat hat zwei Bücher über die Rettung der Demokratie geschrieben. Mit seiner Wahlkampfmethode - reden, reden, reden - holte im ersten Anlauf 40 Prozent. Der CDU-Kandidat, ebenfalls Bürgermeister, erreichte 30 Prozent.

Auch anderswo konnten Kandidaten demokratischer Parteien und Gruppierungen gute Ergebnisse einfahren. Aber auch rechtsextreme Vertreter der "Freien Sachsen" erzielten Erfolge - in Nordsachsen holte ihre Kandidatin 20 Prozent. Im hart umkämpften Erzgebirgskreis wiederum hat es der CDU-Kandidat den Streitereien zwischen AfD und Freien Sachsen zu verdanken, dass er knapp die Führung übernehmen konnte. Beide Parteien stellten jeweils eigene Kandidaten auf, die zusammen auf immerhin 28 Prozent kommen. Sollten sich AfD und Freie Sachsen im zweiten Wahlgang zusammenraufen, wären sie eine ernstzunehmende Konkurrenz.

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