Sachsen:Bundesregierung verurteilt "Hetzjagden"

Politiker prangern nach rechten Ausschreitungen in Chemnitz Hass und Gewalt an. Bei neuen Protesten gibt es in der sächsischen Stadt Verletzte.

Von Ulrike Nimz, Leipzig

Sachsen: Polizisten zwischen den Fronten: Am Montagabend flogen im sächsischen Chemnitz Feuerwerkskörper und Flaschen, als mehrere Tausend rechte und linksgerichtete Demonstranten gegeneinander aufmarschierten. Bei Zusammenstößen wurden mehrere Menschen verletzt, die Polizei ließ Wasserwerfer auffahren.

Polizisten zwischen den Fronten: Am Montagabend flogen im sächsischen Chemnitz Feuerwerkskörper und Flaschen, als mehrere Tausend rechte und linksgerichtete Demonstranten gegeneinander aufmarschierten. Bei Zusammenstößen wurden mehrere Menschen verletzt, die Polizei ließ Wasserwerfer auffahren.

(Foto: Jens Meyer/AP)

Nach dem gewaltsamen Tod eines Mannes in Chemnitz haben Bundes- und Landesregierung in Sachsen vor Hetzjagden auf Ausländer und Selbstjustiz gewarnt. Regierungssprecher Steffen Seibert verurteilte am Montag in Berlin die Übergriffe auf Migranten. "Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft, oder der Versuch, Hass auf den Straßen zu verbreiten, das nehmen wir nicht hin, das hat bei uns in unseren Städten keinen Platz", sagte Seibert. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) schrieb bei Twitter, es sei "widerlich, wie Rechtsextreme im Netz Stimmung machen und zur Gewalt aufrufen".

Am Montag protestierten in Chemnitz erneut Tausende Menschen.

Am Sonntag war bei einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen verschiedener Nationalitäten in Chemnitz ein Mann tödlich verletzt worden. Danach marschierten Anhänger rechter Gruppierungen zu Spontandemos auf. Auf Videos ist zu sehen, wie Ausländer aus der Masse heraus attackiert werden. Zu hören sind Rufe wie "Wir sind das Volk", aber auch rechte Parolen wie "Deutsch, sozial, national". Aus Sicherheitsgründen war zuvor das Stadtfest abgebrochen worden.

Sachsens stellvertretender Ministerpräsident und SPD-Landeschef Martin Dulig forderte schnelle Aufklärung. "Selbstjustiz, Mutmaßungen und Gerüchtemacherei sind nach der tödlichen Messerattacke fehl am Platz", betonte der SPD-Ostbeauftragte. Den Angehörigen des getöteten 35-Jährigen sprach er sein Beileid aus.

Der Anlass des blutigen Streits am Sonntagmorgen ist noch unklar. Dabei wurden drei Männer schwer verletzt. Einer der Männer starb später im Krankenhaus. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Haftbefehle gegen zwei Tatverdächtige beantragt. Gegen den 23-jährigen Syrer und den 22 Jahre alten Iraker werde wegen des Verdachts auf gemeinschaftlichen Totschlag ermittelt, teilte die Chemnitzer Staatsanwaltschaft am Montag mit.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wollte die gewalttätigen Vorfälle in Chemnitz vorerst nicht kommentieren. "Ich möchte zunächst einen authentischen Bericht der Verantwortlichen", sagte er am Montag am Rande eines Termins im bayerischen Freilassing. Er warnte die Politik in dem Zusammenhang davor, Dinge zu schnell beurteilen zu wollen.

Sächsische Oppositionspolitiker griffen die Landesregierung an. Die Linke-Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz kritisierte das geringe Polizeiaufgebot. Die Grünen gaben der sächsischen Landesregierung eine Mitschuld an der Eskalation. Man habe jene gewähren lassen, die hetzten und zündelten Am Montag wurden bei neuen Protesten von mehreren Tausend rechten und etwa 1000 linken Demonstranten mindestens zwei Menschen verletzt. Der Polizei gelang es nur mit Mühe, die Kundgebungen zu trennen und eine Eskalation zu verhindern. Aus beiden Gruppen seien Feuerwerkskörper und andere Gegenstände geworfen worden. Die Polizei räumte ein, das Ausmaß der Proteste unterschätzt zu haben. Man habe mit einigen Hundert Teilnehmern gerechnet und sich entsprechend vorbereitet.

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