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Brandenburg und Sachsen:Was Sie über die Landtagswahlen wissen sollten

Um welche Inhalte geht es? Wer kann künftig in Dresden und Potsdam regieren? Fragen und Antworten zu den Landtagswahlen.

Von Philipp Saul

Etwa 2,1 Millionen Brandenburger sind am 1. September aufgerufen, den neuen Landtag in Potsdam zu wählen. Zeitgleich dürfen etwa 3,3 Millionen Sachsen über ihr neues Landesparlament abstimmen. Schon jetzt scheint klar zu sein, dass die AfD der große Wahlsieger wird und das macht die Suche nach Regierungskoalitionen nicht einfacher. Lesen Sie hier, was Sie zu den Wahlen in Brandenburg und Sachsen wissen müssen.

Wer ist bislang im Landtag?

Im Landtag von Brandenburg gibt es derzeit fünf Fraktionen: SPD, CDU, Linke, AfD und Grüne. Hinzu kommen noch einige wenige fraktionslose Abgeordnete. Bei der Landtagswahl 2014 schaffte die FDP den Sprung ins Parlament nicht. Die SPD bildet als klar stärkste Partei mit der Linkspartei eine rot-rote Landesregierung, die von Ministerpräsident Dietmar Woidke angeführt wird.

In Sachsen besteht der Landtag aus den fünf Fraktionen der gleichen Parteien. Außerdem gibt es noch eine Gruppe von fünf Abgeordneten der Blauen Partei von Frauke Petry, die sich 2017 von der AfD abgespalten hat. Aus der Wahl 2014 war die CDU erneut als stärkste Kraft hervorgegangen. Sie stellt den Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und koaliert zusammen mit der SPD in der sächsischen Staatsregierung.

Wie könnten sich die Parlamente nach der Wahl verändern?

In Brandenburg gibt es ein spannendes Rennen um den Platz an der Spitze. Jüngsten Umfragen zufolge liegen gleich fünf Parteien eng beieinander. Die SPD verliert möglicherweise ihren Status als stärkste Kraft und rutscht von 31,9 Prozent der Wählerstimmen 2014 auf nur noch um die 20 Prozent ab. Auch die CDU wird wohl einige Prozentpunkte verlieren. Die große Wahlsiegerin könnte die AfD werden, die nach 12,2 Prozent 2014 nun über die 20-Prozent-Marke springen und stärkste Partei werden könnte. Auch die Grünen haben in den Umfragen der vergangenen Wochen deutlich zugelegt und könnten ihre 6,2 Prozent von vor fünf Jahren nun mehr als verdoppeln.

Nicht ganz so dicht beieinander wie in Brandenburg liegen die Parteien in Sachsen. Hier liefern sich nicht fünf, sondern nur zwei Parteien einen Wettstreit um den Spitzenplatz. Die CDU könnte Umfragen zufolge knapp wieder die meisten Stimmen bekommen. Nach 39,4 Prozent bei der Wahl 2014 könnte sie demnach aber nur noch bei etwa 30 Prozent liegen, wohingegen die AfD womöglich von 9,7 Prozent auf etwa 25 Prozent springt. Während die SPD unter die zehn Prozent rutschen könnte und auch die Linke wohl Stimmen einbüßt, profitieren die Grünen vom Bundestrend. Sie könnten bei deutlich über zehn Prozent liegen und müssen im Gegensatz zur FDP nicht um den Einzug in den Landtag bangen. Die Liberalen kämpfen in beiden Bundesländern mit der Fünf-Prozent-Hürde.

Welche Koalitionsmöglichkeiten gibt es?

Als sicher gilt, dass die rot-rote Koalition in Brandenburg ihre Mehrheit verlieren wird. Auch andere Zweierbündnisse werden nicht genügend Stimmen bekommen. Möglich wäre beispielsweise ein rot-rot-grünes Linksbündnis. Alternativ könnten sich SPD und Grüne aber auch dazu entscheiden, eine Koalition mit der CDU einzugehen. Und sogar eine Koalition, in der sich sowohl die CDU als auch die Linken wiederfinden, ist in Brandenburg nicht ganz so unwahrscheinlich wie in anderen Ländern. Klar ist, dass niemand mit der AfD zusammengehen möchte. An SPD und Grünen führt bei der Regierungsbildung kaum ein Weg vorbei. Ohne wenigstens eine von beiden Parteien ist eine Regierungsbildung kaum machbar. Wer in den möglichen Koalitionen aber am Ende als stärkste Partei den Ministerpräsidenten stellen wird, ist vor der Wahl nur schwer abzusehen.

In Sachsen gibt es nach aktuellem Stand der Umfragen nur eine Koalitionsoption für eine Mehrheit. Denn ein Linksbündnis ist von einer Mehrheit weit entfernt, eine Koalition aus CDU und SPD ebenso, und auch im Freistaat will keine Partei mit der AfD zusammengehen. So bleibt rechnerisch wahrscheinlich nur die Option, dass die CDU eine Koalition mit den Juniorpartnern SPD und Grünen schmiedet. Zusammen könnte es für eine knappe Mehrheit reichen. Die Grünen würde der Eintritt in ein solches Bündnis aber wohl einige Überwindung kosten. "Die jetzige CDU-Regierung bevormundet die Bürgerinnen und Bürger, ist haltungslos gegen rechts und setzt ihren Irrweg in Fragen des Klimaschutzes und der Ökologie fort", teilte die grüne Doppelspitze aus Katja Meier und Wolfram Günther der SZ mit.

Umgekehrt gibt es auch bei der CDU große Vorbehalte. So glaubt etwa Werner Patzelt, Leiter der Programmkommission, "eine Koalition mit den Grünen wäre der Todeskuss für die CDU". Er bringt stattdessen eine Minderheitsregierung der CDU ins Spiel. Dieses "freie Spiel der Kräfte" lehnt Ministerpräsident Kretschmer aber ab. Sollte die CDU jedoch derart schlecht abschneiden, dass Kretschmer sich zurückziehen müsste, könnten sich die Befürworter einer Minderheitsregierung durchsetzen - und die AfD mehr Einfluss auf Sachsens Regierungspolitik gewinnen.

Wie wird in Sachsen und Brandenburg gewählt?

Die Landtage werden alle fünf Jahre gewählt. In beiden Ländern haben die Wähler jeweils zwei Stimmen, die sie per Briefwahl oder im Wahllokal abgeben können: Die Erststimme für die Wahlkreiskandidaten und die Zweitstimme für die Landeslisten. Sollte eine Partei mehr Direktmandate gewinnen als ihr von der Zweitstimme her zustehen würden, kann es Ausgleichsmandate geben.

In Brandenburg ziehen mindestens 88 Abgeordnete ins Parlament ein, von denen 44 per Direktwahl aus den Wahlkreisen kommen. Die anderen werden über die insgesamt elf zugelassenen Landeslisten nach Potsdam entsandt. Nicht mit dabei ist die NPD. Nach dem für sie enttäuschenden Ergebnis bei der Europawahl in Brandenburg (0,7 Prozent) haben die Rechtsextremen ihre Landesliste zurückgezogen. Durch Ausgleichsmandate kann sich die Größe des Landtags auf maximal 110 Abgeordnete erhöhen. Wählen dürfen deutsche Staatsbürger, die mindestens 16 Jahre alt sind und in Brandenburg seit mindestens einem Monat ihren Hauptwohnsitz haben.

In Sachsen ist wahlberechtigt, wer mindestens 18 Jahre alt ist und seit mindestens drei Monaten den Hauptwohnsitz in dem Bundesland hat. In das sächsische Parlament werden 120 Abgeordnete gewählt, wovon ebenfalls die eine Hälfte über die Wahlkreise bestimmt wird. Die andere Hälfte zieht über die insgesamt 19 zugelassenen Landeslisten in den Landtag in Dresden ein. Auch hier können Ausgleichsmandate die Zahl der Abgeordneten erhöhen.

Was war da noch mal mit der AfD-Wahlliste in Sachsen?

Die Wahllisten von Parteien werden normalerweise auf einem Listenparteitag festgelegt. Weil bei der AfD in Sachsen allerdings teils chaotische Bedingungen herrschten, wurden im Februar zunächst nur die Bewerber für die ersten 18 Plätze gewählt. Die restlichen Kandidaten der dann 61-köpfigen Landesliste wurden im März bestimmt - mit neuen Versammlungsleitern und Vertrauenspersonen.

Der Landeswahllausschuss hatte zunächst nur die 18 Kandidaten zugelassen, die auf dem ersten Parteitag gewählt wurden. Der sächsische Verfassungsgerichtshof entschied später, dass immerhin die ersten 30 Bewerber bei der Landtagswahl antreten dürfen. Denn ab Listenplatz 31 wurde nicht mehr in Einzelabstimmung gewählt, sondern aus Zeitgründen im Blockwahlverfahren.

Im Wahlkampf versuchte die AfD, den Streit für ihre Zwecke auszunutzen und sich als Partei darzustellen, die vom politischen System unfair behandelt wird. Der sächsische Landesvorsitzende Jörg Urban kündigte an, nach der Wahl Beschwerde beim Wahlprüfungsausschuss des Landtags einzulegen.

Um welche Themen ging es im Wahlkampf?

Was wird aus der Lausitz? Der Kohleausstieg und die Zukunft des Braunkohletagebaus beschäftigen viele Menschen in beiden Bundesländern. In der Bildungspolitik ist die Beitragsfreiheit für Kitas ein wichtiges Thema, in Sachsen geht es auch um längeres gemeinsames Lernen. Immer wieder ist zudem die innere Sicherheit ein Thema, die auch gerne mal mit den Fragen von Migration und Abschiebung verknüpft wird. Andere Punkte im sächsischen Wahlkampf sind Breitbandausbau, Ärztemangel und die Verkehrsanbindung in ländlichen Regionen. In der Brandenburger TV-Wahlarena war auch die Ausstattung der Feuerwehr ein wichtiger Punkt. In Jüterbog, südlich von Berlin, war im Frühsommer das größte Feuer Brandenburgs seit der Wende ausgebrochen.

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