Sachsen:Anklage fordert lange Haftstrafen für "Gruppe Freital"

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Der Angeklagte Timo S. kommt am 17. Januar 2018 zu Prozessbeginn in den Verhandlungssaal. (Foto: dpa)

Ziel der Angeklagten sei es gewesen, Angst zu verbreiten, sagt der Bundesanwalt. Er warnt vor einer Verharmlosung ihrer Taten und spricht von einer durchweg rechtsextremen Gesinnung der Mitglieder.

Aus dem Gericht von Antonie Rietzschel

Timo S. ist ein unauffälliger Mann: Im schwarzen Anzug sitzt er im Gerichtsaal, die Haare trägt er kurz, auf der Nase eine randlose Brille. S. arbeitete als Busfahrer in der sächsischen Kleinstadt Freital. Im Lauf der Zeit soll er sich der sogenannten "Gruppe Freital" angeschlossen haben, deren Mitglieder 2015 in Freital und Dresden mehrere Anschläge auf Flüchtlinge sowie politisch Andersdenkende begangen haben sollen.

Der Prozess gegen die Gruppe läuft nun seit fast einem Jahr. Am heutigen Mittwoch hat die Bundesanwaltschaft ihre Plädoyers gehalten, sie fordert lange Haftstrafen für die Angeklagten: S. soll für zehn Jahre und neun Monate in Haft. Die Bundesanwaltschaft sieht in ihm den Rädelsführer der Gruppe. S. sei der Ideen- und Impulsgeber gewesen, sagt Bundesanwalt Jörn Hauschild. In einer ähnlichen Rolle sieht die Bundesanwaltschaft den Angeklagten Patrick F., für den sie eine Freiheitsstrafe von elf Jahren fordert. F. wurde zugute gehalten, dass er ein umfassendes Geständnis abgelegt und Reue gezeigt habe.

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Den insgesamt acht Angeklagten, sieben Männern und einer Frau, wird die Bildung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Hinzu kommen versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung und die Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion.

Bundesanwalt kritisiert Verharmlosung der Taten

Die Forderung nach hohen Haftstrafen ist eine klare Botschaft an potenzielle Nachahmer, aber auch an Menschen, die die Taten der "Gruppe Freital" öffentlich heruntergespielt haben. So hatte etwa der Freitaler Oberbürgermeister gesagt, man dürfe die Taten nicht überbewerten.

Kritisiert wurde auch, dass für den Prozess aufgrund der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen und der Zahl der Angeklagten ein neuer Verhandlungsaal gebaut wurde - in einem Gebäude, das eigentlich als Flüchtlingsunterkunft vorgesehen war. Einer der Verteidiger hatte während der Verhandlung kritisiert, die Bundesanwaltschaft wolle mit dem Prozess ein Exempel statuieren.

Jörn Hauschild, der Vertreter der Bundesanwaltschaft, wehrt sich zu Beginn seines Plädoyers gegen die Vorwürfe und kritisiert seinerseits den Versuch, die Taten zu verharmlosen: "Die Chatprotokolle der Gruppe Freital zeigen eindeutig, wie gefährlich die Gruppierung ist." Die Taten der Gruppe hätten die Sicherheit der BRD gefährdet.

Gute fünf Stunden dauern die Plädoyers, in denen die Bundesanwaltschaft den Inhalt der mehr als 60 Verhandlungstage zusammenfasst. Hauschild beschreibt die Angeklagten als Mitglieder einer klar strukturierten Gruppe, die sich auf Demonstrationen gegen ein Flüchtlingsheim im Frühjahr 2015 gefunden hatten. "Weil den Angeklagten die Kundgebungen nicht reichten, beschlossen sie zum Mittel der Gewalt zu greifen", so Hauschild im Gericht.

Timo S. habe mögliche Ziele vorgeschlagen, Patrick F. mit Böllern aus Tschechien experimentiert, die eine 150-mal stärkere Sprengkraft haben als in Deutschland zugelassene Feuerwerkskörper. Die anderen Angeklagten hätten verschiedene andere Aufgaben übernommen. Für sie fordert die Bundesanwaltschaft Haftstrafen von bis zu sieben Jahren.

Die "Gruppe Freital" sei getrieben gewesen von einer durchweg rechtsextremen Gesinnung der Mitglieder, heißt es im Plädoyer. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft nahm die Heftigkeit der Anschläge im Lauf der Zeit zu. Ziel der Angeklagten sei es gewesen, Angst zu verbreiten. Im Juli 2015 sollen die Angeklagten das Auto des damaligen Linken-Stadtrats Michael Richter in die Luft gesprengt haben. Richter sagte im Prozess unter Tränen aus, dass er sich in Freital nicht mehr wohlfühle. Mittlerweile hat er die Stadt und Sachsen verlassen.

Bundesanwaltschaft lobt die Ermittler

Im November 2015 sollen die Angeklagten drei Sprengsätze an Fenstern einer Asylunterkunft gezündet haben. Ein Bewohner hatte die Zündschnur bemerkt und andere Flüchtlinge gewarnt. Er erlitt durch die Explosion Verletzungen. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft war der Angriff lange geplant. Die Angeklagten hätten den Tod von Menschen in Kauf genommen.

Schließlich waren es die sächsischen Ermittlungsbehörden, die verhinderten, dass es zu weiteren Angriffen kam. Wenige Tage nach dem Anschlag auf das Flüchtlingsheim führte die Polizei Hausdurchsuchungen bei den Angeklagten durch, sie wurden festgenommen. Die Bundesanwaltschaft lobt in ihrem Plädoyer die Arbeit der Ermittler und Behörden.

Nach der Bundesanwaltschaft ist es am Freitag nun an den Vertretern der Nebenklage, ihre Plädoyers vorzutragen. Ein Urteil wird im Februar erwartet.

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