Sachsen-Anhalt:"Mit Klaus besprochen"

Debatte um Landtagspräsident Sachsen-Anhalts

In der Stendaler Heimat von Hardy Peter Güssau (CDU) gab es bei der Kommunalwahl 2014 Unregelmäßigkeiten.

(Foto: Jens Wolf/dpa)

Hat Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Hardy Peter Güssau eine Wahl manipuliert? Seine Rolle bei einer Abstimmung in Stendal ist undurchsichtig.

Von Cornelius Pollmer, Dresden

Im April hielt Hardy Peter Güssau (CDU) seine Antrittsrede im Landtag von Sachsen-Anhalt, zwei Sätze daraus leuchten in diesen Tagen noch einmal auf. Es sei seine feste Überzeugung, sagte Güssau zunächst, "dass dieses Plenum der zentrale Ort ist, an dem über die Probleme des Landes und über zu treffende politische Entscheidungen zu streiten ist". Kurz darauf richtete der neue Landtagspräsident sich direkt an die Abgeordneten. Er bitte "in schwierigen Situationen im Parlamentsbetrieb um Ihre Unterstützung und Ihr grundsätzliches Wohlwollen". Nun, vier Monate später, ist Güssau auf solches Wohlwollen sogar angewiesen, weil er selbst zu einem Thema werden könnte, das im Landtag diskutiert wird.

Etwas mehr als 100 Tage ist die schwarz-rot-grüne "Kenia-Koalition" in Magdeburg nun an der Regierung, auf Vorschlag der CDU von Ministerpräsident Reiner Haseloff wurde Güssau seinerzeit zum neuen Landtagspräsidenten gewählt. Als Regional-Lammert genießt er besondere Aufmerksamkeit, und diese wird ihm nun zuteil wegen seiner undurchsichtigen Rolle bei den Kommunalwahlen im Landkreis Stendal im Sommer 2014.

Dabei fällt zunächst das kuriose Ergebnis des Christdemokraten Holger Gebhardt auf, der in den Wahllokalen 0,494 Prozent der Stimmen erhält, bei den Briefwählern aber 11,3 Prozent. Um die Wiederholung der Briefwahl ranken sich allerhand Pannen, im November 2014 leitet die Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung wegen des Verdachts der Wahlfälschung im Kreisbüro der CDU ein, in der Volksstimme tauchen immer wieder Berichte mit neuen Ungereimtheiten auf. Bald sieht es so aus, dass bei der Briefwahl mit gefälschten Vollmachten, Vertuschung und Beeinflussungen geschummelt wurde. Nach mehr als zwei Jahren kommt die Staatsanwaltschaft mit ihren Ermittlungen zum Ende, neue Details setzen Güssau unter Druck. Die Volksstimme zitiert nun aus E-Mails, die Güssau schon bald nach der Wahl in Stendal geschrieben haben soll. Dem Kreischef soll er mitgeteilt haben, er habe "gestern einen machbaren Weg mit Klaus besprochen und Kleefeldt hat mitgemacht". Gemeint sind ein Staatssekretär sowie der Wahlleiter. Später habe er über andere beteiligte Akteure geschrieben: "Dr. Klang hat eine mögliche Lösung gestern Carsten vorgeschlagen. Hoffentlich macht Axel mit!"

Das Ping-Pong zwischen Güssau und Kollegen bringt nun größere politische Aufregung nach Sachsen-Anhalt. Während Haseloff vergangene Woche den 100-Tage-Start der Koalition erwartungsgemäß als gelungen beschrieb, versuchte Güssau vergeblich, die Debatte über seine Person bei einer Tour durch die Fraktionen abzumoderieren. Zunächst sprach Güssau bei der CDU vor, also bei seiner eigenen Partei. Ergebnis: Alles super, es bestehe kein Zweifel an der Eignung Güssaus zum Landtagspräsidenten. Dann traf er sich mit der Fraktion der mitregierenden SPD. Ergebnis: "Für uns bleiben wichtige Fragen unbeantwortet", sagte Fraktionschefin Katja Pähle.

SPD-Landeschef Burkhard Lischka forderte gar, Güssau solle die "Hängepartie beenden und sein Amt niederlegen". Bei den Grünen konnte Güssau ebenfalls nicht punkten, sie wünschten die Einsetzung eines Sonderermittlers. Bei der AfD wiederum handelte er sich die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss ein. Beide Forderungen unterstütze er, sagte Güssau. Bei Journalisten schließlich versuchte der Landtagspräsident Boden zu gewinnen, indem er seiner Einschätzung nach entlastende Whatsapp-Nachrichten zeigte - auch hier aber blieben große Zweifel.

Auch weil Güssau die gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen bislang nicht ausdrücklich dementiert hat. Er betont stattdessen immer wieder, dass er kein Beschuldigter in einem Strafverfahren sei. Das ist korrekt - aber nicht nur der SPD zu wenig.

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