Süddeutsche Zeitung

Sachsen:Angriff im Bus, Polizist schaut zu

Lesezeit: 1 min

Ein Polizeibeamter beobachtet, wie zwei Männer einen jungen Somalier beleidigen, treten, verletzen. Dass er nicht einschreitet, hat nun ein juristisches Nachspiel.

Nach einem rassistischen Angriff auf einen Somalier am Wochenende im sächsischen Bad Schlema ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen drei Männer, unter ihnen ein Polizist. Ihm wird unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen, während die beiden anderen Männer unter Verdacht der gefährlichen Körperverletzung stehen, wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Chemnitz am Donnerstag sagte. Die Ermittlungen stünden noch am Anfang. In einem Linienbus soll am Samstagabend ein 20-Jähriger aus einer Gruppe von acht deutschen Männern im Alter von 37 bis 49 Jahren heraus rassistisch angegangen worden sein. Nach Beleidigungen sollen zwei der Männer auf den Mann eingetreten und ihn verletzt haben.

Auf Videoaufnahmen aus dem Bus sei "ein aktiver Beitrag des Beamten an der gefährlichen Körperverletzung nicht ersichtlich", teilte die Polizei mit. "Zu sehen ist aber auch, dass der Polizeibeamte den körperlichen Angriff nicht unterbunden hat und dem 20-Jährigen, der leicht verletzt wurde, auch nicht zu Hilfe kam." Es müsse geprüft werden, ob sich der Beamte strafbar gemacht hat. Der 39-Jährige ist bei der Polizeidirektion Zwickau tätig, war zu der Zeit aber nicht im Dienst. Gegen ihn sei ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden, das vorerst wegen der strafrechtlichen Ermittlungen ruhe, hieß es.

"Wir erwarten, dass Polizisten nicht wegschauen"

Die zuständigen Polizeipräsidenten von Chemnitz und Zwickau, Carsten Kaempf und Lutz Rodig hatten das Verhalten des Polizisten verurteilt: "Wir erwarten von unseren Polizisten, dass sie auch außerhalb des Dienstes die Begehung von Straftaten verhindern, zu deren Aufklärung beitragen und nicht wegschauen." Der Fahrer des Busses hatte die Polizei gerufen.

Der Fraktionschef der Linken im Landtag, Rico Gebhardt, zeigte sich auf Twitter empört. Ein Polizist der zuschaue, wenn ein Mensch angegriffen wird, habe in der sächsischen Polizei "echt keinen Platz", schrieb er. Clara Bünger, Linken-Bundestagskandidatin für den Wahlkreis, in dem sich der Angriff ereignete, forderte eine restlose Aufklärung des Sachverhaltes. "In der Vergangenheit haben wir leider häufig erlebt, dass derartige Fälle nicht ausermittelt wurden, mit schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen." Es bestehe der Verdacht der gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzungen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5360278
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/dpa/SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.