Im sächsischen Landtag hat das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) am Dienstag erneut gemeinsam mit der als gesichert rechtsextremistisch eingestuften AfD abgestimmt. Das BSW schloss sich einem außenpolitischen Antrag der AfD an, der die sächsische Staatsregierung dazu auffordern wollte, „sich für eine aktive Friedenspolitik zu verwenden“. Darunter versteht die AfD vor allem ein Nein zur Stationierung von ballistischen Raketen und US-Marschflugkörpern in der Bundesrepublik. Inhaltlich ist mit dieser Aussage auch ein Großteil der Programmatik des BSW umrissen, das zur Landtagswahl aus dem Stand auf 11,8 Prozent kam.
Ein Großteil der BSW-Fraktion hatte bereits vor mehreren Wochen einem AfD-Antrag zur Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses im Landtag zugestimmt und damit Diskussionen über fehlende Abgrenzung nach rechts außen entfacht. Die AfD hätte den Untersuchungsausschuss damals auch aus eigener Kraft einsetzen können.
„Von unserem Wahlprogramm abgeschrieben“
Am Dienstag fand ihr Antrag mit dem Titel „Frieden statt Raketen“ zwar keine Mehrheit, weil ihn CDU, SPD, Grüne und Linke ablehnten, doch die erneute Allianz aus AfD und BSW war auch im Auftreten bemerkenswert. AfD-Partei- und Fraktionschef Jörg Urban hatte zur Begründung gesagt, die AfD halte genau wie die Mehrheit der sächsischen Wähler „absolut gar nichts“ von der Stationierung von US-Raketen in Deutschland. Auch das BSW beruft sich in dieser Frage immer wieder auf die Ablehnung in der Bevölkerung.
„Diese Raketen würden zum ersten strategischen Ziel russischer Atomwaffen werden“, sagte Urban, der eher zurückgenommen und fast schon staatsmännisch agierte. Auch Russland müsse abrüsten, sagte der 60-Jährige, der gleichzeitig forderte, wieder Vertrauen zu Moskau aufzubauen. Die Stationierung von US-Raketen in Deutschland berge große Gefahren: „Wir machen uns zur Zielscheibe eines atomaren Gegenschlages.“
Die CDU hielt Urban vor, er wisse genau, dass dafür der Bund und nicht der sächsische Landtag zuständig sei. Innenminister Armin Schuster (CDU) vermied dennoch scharfe Kritik an der AfD und sagte: „Im Weg sind wir uns nicht einig, im Ziel sind wir geeint: Frieden.“ Die Stationierung von US-Raketen in Deutschland sei aber eine Reaktion der Nato auf die Aggression Russlands, dies dürfe man nicht ins Gegenteil verdrehen.
Die BSW-Landesvorsitzende Sabine Zimmermann, die vor zwei Wochen die Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD an Formulierungen zur Außenpolitik scheitern ließ, nutzte ihre Rede zum Rundumschlag. Der SPD warf sie vor, das Erbe Willy Brandts auf der Müllhalde der Geschichte zu entsorgen, die Grünen hätten ihre Ideale schon lange verraten. Auch die CDU-Position, immer mehr Raketen auf Russland zu richten, sei falsch.
Das BSW und der ganz rechte Rand
Zwar misstraue man der Friedensliebe der AfD zutiefst, aber „wir werden einem Antrag nicht unsere Stimme verweigern, wenn er von unserem Wahlprogramm so abgeschrieben worden ist“. Zimmermann beklagte weiter: „Wir waren einem dritten Weltkrieg noch nie so nahe, wir werden zu Schachfiguren in einem weiteren Wettrüsten.“ Ihr Co-Vorsitzender Jörg Scheibe kündigte an, das Thema werde auch eine wichtige Rolle im nahenden Bundestagswahlkampf spielen. „Auch wenn dies ein Antrag der AfD-Fraktion ist, ist er trotzdem richtig, und er verdient unsere Zustimmung.“
Inhaltlich hätte sich auch die Linkspartei mit dem Antrag anfreunden können, wollte aber aus Prinzip nicht mit der AfD abstimmen und zog auch eine eigene Initiative zum selben Thema zurück. Katja Meier, derzeit noch geschäftsführende Justizministerin von den Grünen sagte, der AfD-Antrag verhöhne die Opfer des russischen Krieges in der Ukraine. Der AfD rief sie zu, sie möge ihre Forderung nach Frieden und Diplomatie „doch an ihre Freunde in Moskau“ richten. Und sie verwies auf das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine: „Dieser Frieden wird von Kiew verhandelt, nicht von Berlin, auch nicht von Dresden.“ Die SPD verwies darauf, dass Frieden nicht durch populistische Forderungen erreicht werde. Das BSW möge außerdem seine Haltung zum rechten Rand klären.
Am Wochenende war ein Auftritt des BSW-Landtagsabgeordneten Jens Hentschel-Thöricht auf einer Kundgebung publik geworden, auf der sich auch zahlreiche Anhänger der rechtsextremen Kleinstpartei Freie Sachsen aufhielten. Die hatten umgehend einen Erfolg für sich reklamiert und ihrem Telegram-Kanal gejubelt: „Die Querfront für den Frieden nimmt in Sachsen in vielen Städten zunehmend Gestalt an. Sehr schön!“ Zimmermann versuchte, den Vorfall herunterzuspielen. Das BSW werde nicht mit den Freien Sachsen zusammenarbeiten, weil das Nazis seien. „Aber deswegen können wir unsere Meinung sagen.“