Tagebau Hambach:RWE rodet Sündenwäldchen

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Mitarbeiter des Werksschutzes von RWE Power am Mittwoch beim Start der Rodung. (Foto: Henning Kaiser/dpa)

Der Energiekonzern darf trotz Protesten in dem Waldstück Bäume fällen. Diesmal geht es nicht um Kohle, sondern um Kies.

Von Christian Wernicke, Düsseldorf

Unter Protesten von Klimaaktivisten hat der Energiekonzern RWE am Mittwochmorgen begonnen, ein Waldstück am Rande des Braunkohle-Tagebaus Hambach zu roden. Am Dienstag hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster entschieden, dass das Vorgehen des Unternehmens rechtmäßig sei. Anders als etwa bei der Räumung des Weilers Lützerath am Rande des Tagebaus Garzweiler II im Januar 2023 gab es bis zum Mittwochnachmittag keine Zusammenstöße mit der Polizei.

Im sogenannten Sündenwäldchen am Rande des schon vor Jahren geräumten Örtchens Manheim westlich von Köln harren seit Monaten etwa zwei Dutzend Besetzer in Zelten und Baumhäusern aus, um ein Fällen der alten Eichen zu verhindern. Sie argumentieren, die Rodung zerstöre natürliche Lebensräume seltener Tierarten wie der Bechsteinfledermaus und der Haselmaus. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), der per Eilantrag beim OVG ein Rodungsverbot hatte erzwingen wollen, kritisierte insbesondere die schwarz-grüne Regierung in NRW, die mit ihren Genehmigungen „den Weg zur Zerstörung wertvoller Natur geebnet“ habe.

Der Tagebau soll in einen See zur Naherholung verwandelt werden

RWE will das Gelände unter dem sechs Hektar großen Sündenwäldchen nutzen, um nicht etwa Kohle, sondern Kies zu gewinnen. Mit den Erdmassen will das Unternehmen die bisher steilen Böschungen des bis zu 400 Meter tiefen Tagebaus Hambach absichern, bevor die Grube aus einer Pipeline mit Rheinwasser geflutet wird. In den Folgejahren soll der Tagebau in einen See verwandelt werden und für die Naherholung zur Verfügung stehen.

Ursprünglich hatte RWE beabsichtigt, den nahen Hambacher Forst und das Örtchen Manheim abzubaggern, um dort weiterhin Braunkohle zu gewinnen. Diese Pläne wurden nach massiven Protesten der Umweltbewegung 2018 gestoppt. Inzwischen strebt die schwarz-grüne Landesregierung in Düsseldorf einen Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 an. Ob dies tatsächlich gelingt, ist inzwischen fraglich, da sich der Bau neuer Gaskraftwerke als Ersatz für die bisherigen Kohle-Meiler verzögert hat.

RWE begann am Mittwoch die Rodungen in Begleitung privater Sicherheitskräfte. Ein Konzernsprecher appellierte an Klimaaktivisten, das Gelände nicht zu betreten. In den vergangenen Wochen sollen einzelne Aktivisten auf Zufahrtswegen Blockaden errichtet haben. Ein Sprecher der Polizei im Rhein-Erft-Kreis erklärte am Nachmittag, es gebe seit Beginn der Rodung „keine Hinweise auf Straftaten oder gefährliche Situationen“. Zwar kreiste über dem Gebiet ein Polizeihubschrauber, doch ein Einschreiten der Beamten am Boden sei „bislang nicht erforderlich" gewesen.

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