Russlands Wirtschaftsminister:Mit Lob überschüttet

Russia's newly appointed economy minister Oreshkin is introduced to staff members of ministry in Moscow

Dmitrij Oreschkin, 34, ist als Experte für Makroökonomie hoch angesehen. Er zerstreut Befürchtungen, dass der liberale Wirtschaftsblock in der russischen Regierung geschwächt werde.

(Foto: Grigory Dukor/Reuters)

Der neue Wirtschaftsminister Oreschkin genießt hohes Ansehen und kann Befürchtungen zerstreuen, der liberale Block werde geschwächt.

Von Julian Hans, Moskau

Zwei Wochen nach der Festnahme des Wirtschaftsministers hat der russische Präsident Wladimir Putin den Posten neu besetzt. Das Ministerium wird seit Donnerstag von Dmitrij Oreschkin geführt. Der erst 34 Jahre alte Politiker war zuvor stellvertretender Finanzminister.

Befürchtungen, die Ermittlungen gegen den Vorgänger Alexej Uljukajew hätten zum Ziel, den vergleichsweise liberalen Wirtschaftsblock in der russischen Regierung weiter zu schwächen, haben sich damit nicht bewahrheitet. Oreschkin ist als Experte für Makroökonomie hoch angesehen. Der ehemalige Finanzminister Alexej Kudrin, der zu den vernünftigen Stimmen im politischen System Putins gerechnet wird, lobte die Entscheidung: "Der wird es schaffen", schrieb Kudrin auf Twitter.

Bevor er in die Regierung wechselte, war Oreschkin etwa zehn Jahre lang im russischen Bankensektor tätig - erst bei der Rosbank und bei VTB, später als Chefökonom der Zentralbank. Laut Berichten russischer Medien hat Oreschkin zu Beginn seiner Karriere erste Erfahrung bei französischen Banken gesammelt. Im Finanzministerium leitete er von 2013 an die Abteilung für langfristige Planung. Im März 2015 stieg er zum Vize-Minister auf. Sein bisheriger Chef, Finanzminister Anton Siluanow, lobte ihn als "super qualifizierten Spezialisten".

Zuletzt hatte sich Oreschkin optimistischer über die Entwicklung der russischen Wirtschaft geäußert als viele Kollegen. In einem Interview im Januar sagte er, Russland gebe "eines der besten Beispiele für makroökonomische Politik" ab. Im Gespräch mit Wladimir Putin versicherte er nun, in der Krise habe das Land "das Schlimmste hinter sich". In der Analyse liegt er damit nicht weit mit seinem Vorgänger auseinander. Der formulierte seine Erkenntnisse aber bisweilen warnender. Im Oktober hatte das Wirtschaftsministerium prognostiziert, Russland stünden 20 Jahre Stagnation bevor.

Alexej Uljukajew war am 14. November festgenommen worden. Er wird beschuldigt, den Staatskonzern Rosneft um zwei Millionen Dollar erpresst zu haben. Damit habe er sich eine positive Empfehlung für die Übernahme des kleineren Konkurrenten Bashneft bezahlen lassen, dessen Aktien ebenfalls mehrheitlich in Staatsbesitz sind, so werfen es ihm die Ermittler vor. Der Geheimdienst hat den Minister eigenen Angaben zufolge über ein halbes Jahr abgehört.

Uljukajew hatte sich tatsächlich lange gegen den Deal gewehrt und schließlich eingelenkt. Er und andere Vertreter des sogenannten Wirtschaftsblocks hatten kritisiert, dass der Verkauf eines Staatsunternehmens an ein anderes keine echte Privatisierung sei. Viele Beobachter in Moskau glauben daher, dass die erste Festnahme eines Ministers im Amt seit 1991 zumindest teilweise einem Konflikt mit dem mächtigen Rosneft-Chef Igor Setschin geschuldet sei.

Uljukajew gehörte zum Team der ersten Reformregierung von Jegor Gaidar und war seitdem mit kurzen Unterbrechungen auf führenden Posten. Das verlieh seiner Stimme Gewicht. Laut russischen Medien war er einer der wenigen, die sich erlauben konnten, Putin zu widersprechen. Die Ernennung seines Nachfolgers konnte Uljukajew nicht kommentieren - das Gericht hat dem 60-Jährigen nicht nur Hausarrest auferlegt, sondern auch Interviews verboten.

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