Russland hat Donald Trump durch gezielte Aktionen im Wahlkampf unterstützt, davon gehen amerikanische Geheimdienste aus. Wiederholt sich dies nun in Frankreich? Emmanuel Macron, der derzeit aussichtsreichste gemäßigte Präsidentschaftskandidat, wirft der russischen Regierung vor, mit Hilfe der vom Kreml finanzierten Medien Russia Today und Sputnik Falschmeldungen über ihn zu verbreiten. "Einmal wird er von der 'reichen Gay-Lobby' finanziert, dann wieder ist er ein amerikanischer Geheimagent", fasst Macrons Sprecher die Gerüchte zusammen. Außerdem habe es Hackerattacken auf die Computersysteme seiner Büros gegeben.
Beweise liefert Macron nicht. Doch Russlands Einfluss lässt sich auch an etwas anderem festmachen: an Moskaus Verbindungen zum rechtsextremen Front National (FN). "Ich bewundere Putin", hat Marine Le Pen nicht nur einmal verkündet. Die FN-Chefin verfügt über ausgezeichnete Kontakte nach Moskau. Selbst ein Millionenkredit wird gewährt, als die französischen Banken dem FN im EU-Wahlkampf 2014 einen Kredit verweigern (einem offiziellen Statement zufolge aber auch allen anderen Parteien). Mit den neun Millionen Euro der First Czech-Russian Bank finanziert die Partei ihre Kampagne, an deren Ende sie die stärkste Kraft bei der EU-Wahl in Frankreich wird. Dem Investigativportal Médiapart zufolge soll sie sogar 40 Millionen erhalten haben, das wurde aber nie bestätigt. Aber schon die offizielle Summe bringt den Vorwurf ein, der Front National lasse sich von Wladimir Putin kaufen.
"Die Bank ist offensichtlich mit dem Kreml vernetzt", sagt Peter Krekó vom Thinktank Political Capital in Budapest. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der Einflussnahme Russlands auf rechtspopulistische Parteien. Was Putin von solchen Deals hat? "Eine starke Partei im Europäischen Parlament, die die EU zerstören möchte und gleichzeitig freundlich ihm gegenüber eingestellt ist - das ist die beste Kombination", sagt Krekó der Süddeutschen Zeitung. Der Front National stimmt im Europaparlament eindeutig im Sinne Russlands ab, wie eine Auswertung des Thinktanks belegt. Le Pen bestreitet, dass es da einen Zusammenhang gibt.
Tatsächlich ist die Partei schon lange vor dem Kredit russlandfreundlich, das zeigt nicht nur Marine Le Pens immer wieder offen bekundete Bewunderung für Wladimir Putin. Sie spricht sich für ein Ende der EU-Sanktionen aus, der Austritt aus der EU und die Annäherung an Russland sind klare außenpolitische Ziele. Le Pen und Parteikollegen besuchen seit 2012 mehrmals im Jahr Moskau und die Krim und werden dort von ranghohen Politikern empfangen. Zum FN-Parteitag in Lyon 2014 kommt als Ehrengast Andrej Isajew, Vize-Sprecher der Duma. Auch in Paris werden die Verbindungen gepflegt: Marine Le Pens Nichte, die Parlamentsabgeordnete Marion Maréchal-Le Pen, besucht regelmäßig die russische Botschaft.
"Front National ist eine Maschine, um den Le Pens ein großzügiges Auskommen zu ermöglichen"
Im Präsidentschaftswahlkampf 2017 wiederholt sich das Spiel, wieder sucht der FN nach einer Finanzierungsmöglichkeit. Le Pen wird den Umfragen zufolge mit etwa 25 Prozent zumindest den ersten Durchgang der Wahl gewinnen. In Frankreich werden die Wahlkampfkosten für Kandidaten, die mehr als fünf Prozent der Wählerstimmen bekommen, zurückerstattet. Die Rückzahlung eines Kredits dürfte also kein Problem sein. Dennoch findet sich keine Bank, weder in Frankreich noch im Ausland. "Das Misstrauen der etablierten Financiers hat weniger ideologische Gründe, sondern vielmehr mit dem Finanzgebaren der Partei zu tun, das immer wieder an der Grenze zur Illegalität ist", erklärt Stefan Seidendorf vom Deutsch-Französischen Institut in Ludwigsburg. "Außerdem ist der Kern des Familienunternehmens FN immer noch eine Maschine, um den Le Pens ein sehr großzügiges Auskommen zu ermöglichen."
Parteigründer Jean-Marie Le Pen muss einspringen und leiht seiner Tochter über seine Mikropartei Cotelec sechs Millionen Euro. Das ist zum einen interessant, da Jean-Marie und Marine Le Pen als zerstritten gelten, sie ließ ihren Vater sogar wegen antisemitischer Äußerungen aus der Partei ausschließen. Zum anderen, weil niemand so genau sagen kann, woher er eigentlich so viel Geld hat. "Jean-Marie Le Pen hat in den späten 60er Jahren eine vorteilhafte Erbschaft gemacht", erläutert Seidendorf. "Allerdings ist bis heute umstritten, warum ausgerechnet er das Vermögen und die Villa eines nicht verwandten, reichen Industriellen geerbt hat. Zudem hat er Geld in der Schweiz angelegt, auch hier weiß niemand so genau, woher das stammt." Jean-Marie Le Pen ist schon öfter ins Visier der Ermittler geraten. Auch in den von der SZ aufgedeckten Panama Papers fanden sich belastende Indizien (mehr dazu). Gegen seine Tochter wird wegen des Verdachts auf Missbrauch von Geld des Europäischen Parlaments ermittelt. Am Montag hat die französische Staatsanwaltschaft sogar die Parteizentrale in Nanterre durchsucht.