Süddeutsche Zeitung

Krieg in der Ukraine:Erneut massive Raketenangriffe

Russland attackiert wieder etliche Ziele in der Ukraine mit Raketen und Drohnen. Eine Reaktion auf die angekündigten Panzerlieferungen?

Von Nicolas Freund

Viele Ukrainer haben inzwischen eine angesichts der Umstände unglaubliche Routine bei russischen Raketenangriffen entwickelt. Bilder aus der U-Bahn in Kiew zeigen Menschen, die sich hier in Sicherheit gebracht haben und einfach am Laptop weiterarbeiten oder mit ihren Kindern spielen.

Die russische Armee hat laut einem Sprecher der ukrainischen Streitkräfte am Donnerstagmorgen mehr als 30 Raketen auf Ziele in der Ukraine abgefeuert, 15 bis 20 davon alleine auf die Hauptstadt Kiew. In anderen Berichten ist von 55 Raketen die Rede. Ein großer Teil davon sei von der Flugabwehr abgefangen worden. Trotzdem sollen bei dem Angriff alleine in Kiew elf Menschen getötet worden sein, elf weitere wurden verletzt. Auch andere Regionen beklagen Tote und Verwundete.

Die russischen Streitkräfte versuchen seit Herbst mit solchen Angriffen gezielt die Energie- und Wärmeversorgung in der Ukraine zu zerstören, um die Zivilbevölkerung zu terrorisieren. Aus den Regionen Odessa, Cherson, Saporischschja und Winnyzja wurden aber Treffer und Probleme mit der Strom- und Wasserversorgung gemeldet. Nicht alle Angriffe konnten bisher von mehreren Quellen verifiziert werden.

Die Angriffe folgen auffällig schnell auf Deutschlands Kampfpanzer-Ankündigung

Bereits in der Nacht soll die russische Armee versucht haben, mit 24 Drohnen Ziele in Kiew und der Zentralukraine anzugreifen. Die Drohnen seien aber alle abgeschossen worden. Der britische Guardian berichtet außerdem, dass die Regionalverwaltung von Tschernihiw Opfer eines Hackerangriffs geworden ist. Vermutlich wurde ein Virus aktiviert, der schon vorher in das IT-System eingespeist worden war. Die Websites der Regionalverwaltung seien derzeit nicht erreichbar, die Kommunikation laut dem Regionalgouverneur aber nicht beeinträchtigt.

Diese Angriffe kommen kurz nach der Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 an die Ukraine zu liefern und auch verbündeten Staaten die Ausfuhr dieser Waffensysteme zu erlauben. Der Raketenbeschuss könnte auch als eine russische Reaktion auf diese Ankündigung verstanden werden.

Die Aussicht auf neue Waffenlieferungen kommt für die ukrainische Armee zur rechten Zeit. Am Mittwoch gab die Ukraine offiziell an, die lange umkämpfte Stadt Soledar nördlich von Bachmut aufgegeben zu haben. Das ist keine bedeutende Niederlage, aber an der Front im Osten finden noch immer schwere Gefechte statt und die ukrainischen Streitkräfte erleiden schwere Verluste. Es ist davon auszugehen, dass die russische Armee alles versuchen wird, den Druck auf die ukrainischen Truppen und die Zivilbevölkerung noch weiter zu erhöhen.

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