Hybrider KriegNeue Vorwürfe gegen mutmaßlichen DHL-Saboteur

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Im Leipziger DHL-Zentrum explodierte im Juli vergangenen Jahres ein Paket. Der des Anschlags Verdächtige könnte nach neuen Erkenntnissen weitere Straftaten vorbereitet haben.
Im Leipziger DHL-Zentrum explodierte im Juli vergangenen Jahres ein Paket. Der des Anschlags Verdächtige könnte nach neuen Erkenntnissen weitere Straftaten vorbereitet haben. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)
  • Der Ukrainer Wladislaw D. soll im Sommer 2024 im russischen Auftrag Drohnenteile und SIM-Karten nach Düsseldorf transportiert haben.
  • Er sitzt bereits wegen des gescheiterten Anschlags auf DHL-Flugzeuge in Untersuchungshaft. Im Juli 2024 waren drei mit Zeitzündern präparierte Pakete in Brand gerieten, unter anderem in Leipzig.
  • Ermittler befürchten, dass außer den Drohnenteilen auch Sprengstoff transportiert worden sein könnte.
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Er gilt als einer der Hauptverdächtigen im Fall des gescheiterten Anschlags auf DHL-Flugzeuge. Nun steht der Ukrainer Wladislaw D. offenbar auch in Verdacht, im russischen Auftrag Drohnenteile nach Deutschland transportiert zu haben. Aber zu welchem Zweck?

Von Manuel Bewarder, Jörg Schmitt und Lina Verschwele, Berlin

Es ist eine weitere Volte in einem der schwerwiegendsten Sabotagefälle der vergangenen Jahre in Europa. Laut der polnischen Zeitung Gazeta Wyborcza stehen gegen einen der Hauptverdächtigen der Brandanschläge auf das Logistik-Unternehmen DHL neue Vorwürfe im Raum. Der Ukrainer Wladislaw D. soll demnach im Sommer 2024 nicht nur Sprengsätze transportiert haben, die später in Frachtzentren detonierten. Er steht auch in Verdacht, Drohnenteile und Sim-Karten nach Düsseldorf gebracht zu haben. Die Ermittler gehen demnach davon aus, dass auch diese Lieferung im Auftrag des russischen Geheimdienstes GRU geschah.

Wladislaw D. sitzt in Polen bereits seit Monaten in Untersuchungshaft. Ermittler werfen ihm vor, im Juli 2024 Pakete von Polen nach Litauen transportiert zu haben. Aufgefordert habe ihn dazu laut Ermittlungen ein Unbekannter, hinter dem die Behörden den russischen Geheimdienst GRU vermuten. In Litauen soll Wladislaw D. in den Paketen Zeitzünder aktiviert und sie dann einem weiteren Mann übergeben haben. Der Litauer schickte sie schließlich am 19. Juli über einen DHL-Schalter in Vilnius ab.

Kurz darauf gerieten drei der Pakete in Brand, jeweils am Boden:  in Leipzig, Birmingham und in der Nähe von Warschau. Seitdem laufen in mehreren Ländern Ermittlungen wegen Sabotage im Auftrag Russlands. Experten gehen davon aus, dass sich nur durch glückliche Umstände keines der Pakete an Bord der Flugzeuge entzündete, die sie zu ihren Zielorten hätten transportieren sollen. Andernfalls, so die Einschätzung, hätte es womöglich Tote geben können. Die Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR haben im April ausführlich über diesen und weitere Sabotagefälle berichtet.

Sollte der Verdächtige Sprengstoff nach Düsseldorf bringen?

Laut Gazeta Wyborcza soll Wladislaw D. im Sommer 2024 noch weitere Aufträge von einem unbekannten Instruktor auf Telegram angenommen haben. Demnach wird er verdächtigt, auf einem Friedhof in der litauischen Stadt Kaunas Drohnenteile und Sim-Karten aus einem Versteck ausgegraben und nach Deutschland gebracht zu haben, genauer: nach Düsseldorf. Außerdem sei er angewiesen worden, in Litauen auch Blechdosen auszugraben, die nach Konserven für Mais ausgesehen hätten. Konserven, die litauische Ermittler später am selben Ort gefunden hätten, hätten allerdings Sprengstoff enthalten. Diese Dosen soll er nach Polen gebracht haben. Ermittler hätten gegenüber der Gazette Wyborcza aber ausdrücklich betont, dass es unbekannt sei, was aus den Dosen wurde.

Trotzdem gibt es aber offenbar die Sorge, dass auch diese Konservendosen Sprengstoff enthielten und für Anschläge nach Düsseldorf gebracht werden sollten. Die Landeshauptstadt war im Sommer vergangenen Jahres Austragungsort für Spiele der Fußball-Europameisterschaft. Aus deutschen Sicherheitskreisen heißt es, das Bundeskriminalamt, das wegen der DHL-Brandsätze ermittelt, habe aus Polen neue Ermittlungserkenntnisse über Drohnenteile erhalten. Nach Informationen von SZ, NDR und WDR verfolgten deutsche Behörden bereits im August 2024 mögliche Verbindungen nach Nordrhein-Westfalen. Angeblich soll sich Wladislaw D. am 14. Juli 2024 in Düsseldorf aufgehalten haben.

Polnische Behörden beschäftigt Wladislaw D. nicht zum ersten Mal, er ist in Polen wegen Betruges vorbestraft. Gerichtsdokumente, die SZ, NDR und WDR eingesehen haben, zeigen, dass er im April 2023 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten wegen Geldwäsche und Cyberbetrugs verurteilt wurde. Im Sommer 2024 war das Urteil allerdings noch nicht rechtskräftig, D. befand sich auf freiem Fuß und offenbar auf der Suche nach Geld. Am Telefon sagte seine Mutter dem Reporterteam, ihr Sohn habe in jenem Sommer – wie schon zuvor – Aufträge angenommen. Er habe aber versichert, da gehe es um „nichts Schlimmes“.

D.s Fall passt damit in das typische Schema der sogenannten „Wegwerf-Agenten“, auch Low-Level-Agenten genannt. Ermittler gehen davon aus, dass der russische Geheimdienst bei seiner Rekrutierung bewusst auch auf Kleinkriminelle setzt – auf Leute, die für schnelles Geld arbeiten, wenig Nachfragen stellen und über so wenig Informationen verfügen, dass sie auch dann keine große Gefahr darstellen, wenn sie gefasst oder entfernt werden.

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ExklusivRussische Sabotage
:Brandgefährlich

Sie sind leicht zu finden, billig – und entbehrlich, wenn sie auffliegen: Russlands sogenannte Wegwerfagenten verunsichern den Westen. Mit Paketbomben in DHL-Flugzeugen hätten sie beinahe eine Katastrophe verursacht. Eine Recherche von SZ, NDR und WDR beleuchtet das Sabotagesystem des Kreml aus Drahtziehern, Mittelsmännern und Handlangern.

SZ PlusVon Sebastian Erb, Jörg Schmitt, Lina Verschwele und Ralf Wiegand

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