Süddeutsche Zeitung

Russland: Streit um Immobilien:Ein Mann gegen die Supermacht

Franz Sedelmayer investierte in den neunziger Jahren in Russland. Die Geschäfte liefen prächtig, bis ihn Boris Jelzin enteignen ließ. Seither kämpft der Bayer um sein Geld und ließ ein Haus in Schweden beschlagnahmen. Der Tipp kam von Putin.

Frank Nienhuysen, Moskau

Der Mann lässt Russland einfach nicht in Ruhe. Franz Sedelmayer erzeugt bei den Beamten des Moskauer Präsidialamtes wieder einmal große Unruhe, der Zeitung Kommersant ist er sogar eine Titelgeschichte wert. Wann erlebt man das sonst bei einem Deutschen, der weder Außenminister, Kanzler noch Vorsitzender eines Großkonzerns ist - sondern ein bayerischer Kaufmann aus Irschenhausen. Sedelmayer fordert den größten Flächenstaat der Welt heraus, und die jüngste Runde hat er erst einmal gewonnen.

In der Nähe von Stockholm hat Franz Sedelmayer jetzt das sechsstöckige Gebäude der russischen Handelsvertretung beschlagnahmen lassen, eine Immobilie im Wert von zwei bis drei Millionen Euro. Russland wehrt sich, ein schwedisches Gericht lehnte die Beschwerde Moskaus jedoch ab.

Das russische Präsidialamt kündigte nun an, den Obersten Gerichtshof in Schweden anzurufen. Moskau argumentiert, das staatliche Gebäude diene hoheitlichen Funktionen und falle daher unter die Immunität. Sedelmayer behauptet, Russland nutze es nur noch zu kommerziellen Zwecken.

Langjähriger Kampf

Hartnäckigkeit trifft auf Zähigkeit - ein ungewöhnlicher juristischer Ringkampf zwischen einem mittelständischen Unternehmer und einer Großmacht. Und das bereits seit vielen Jahren. Der 47 Jahre alte Bayer fühlt sich von Moskau betrogen. "Ich lasse nicht locker, bis ich mein Geld zurückhabe", sagt er. "Ich will mich nicht von einem Staat ausplündern lassen, in den ich investiert habe."

Anfang der neunziger Jahre hatte Sedelmayer in Russland noch prächtige Geschäfte gemacht. Der Betriebswirt gründete in St. Petersburg ein russisch-deutsches Sicherheitsunternehmen, stattete die verarmte russische Miliz mit Uniformen und kugelsicheren Westen aus, besorgte fahrbare Kriminallabore und versteckte Mikrofone. Zu Wladimir Putin hatte er gute Beziehungen, Putin war damals Vizebürgermeister von St. Petersburg, wo Sedelmayers Firmensitz lag. Bis dieser beschlagnahmt wurde.

Präsident Boris Jelzin wollte die für viel Geld umgebaute historische Villa als Residenz nutzen. Als der Deutsche sich das nicht bieten lassen wollte, wurde ihm empfohlen, das Land zu verlassen. Doch Sedelmayer wollte nicht auf sein Geld verzichten. Putin selber, so erzählt es zumindest der Unternehmer, habe ihm einst den Tipp gegeben, es doch über russische Auslandsimmobilien zu versuchen. Und so machte er es auch.

Entschädigung von knapp fünf Millionen Euro

Das internationale Schiedsgericht in Stockholm verurteilte Russland zu einer Entschädigung von knapp fünf Millionen Euro. Seitdem sucht er nach Pfändbarem. Einmal wollte er sich sogar auf einer Ausstellung russische Satellitenmodelle sichern. Bisher hat er von Russland erst eine Million Euro erhalten. Stockholm ist nun ein neuer Anlauf.

"Ich habe ja nichts gegen Russland", sagt Sedelmayer. Der zweifache Familienvater ist mit einer Russin verheiratet, in seiner früheren Wohnung am Starnberger See klebten Erinnerungsfotos aus Russland an der Wand, allerlei Wimpel und Schulterstücke. Vor ein paar Monaten ist er mit seiner Familie nach Südfrankreich gezogen. "Auch wegen des Klimas", sagt er.

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Quelle:
SZ vom 27.10.2010/mati
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