Russland: Streit über Feriendomizil:Ein Palast für Putin?

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Ein Kasino, eine eigene Stromversorgung, drei Hubschrauberlandeplätze: Am Schwarzen Meer wird ein wahrer Palast gebaut - aber nicht für Premier Putin. Angeblich.

Sonja Zekri

Nun gut, der Strand. Die Sportplätze. Auch das Kasino. Aber drei Hubschrauberlandeplätze? Eine eigene Stromversorgung? Die Sicherheitsanlagen? Wo enden die Anforderungen an ein Ferienheim, was gehört schon zur Ausstattung einer staatlichen Residenz? Was ist Datscha? Was Versailles? Der russische Geschäftsmann Sergej Kolesnikow ist nach der Analyse sicher: Der Palast in Praskowejewka am Schwarzen Meer, ein zweigeschossiges Ungetüm mit Himmelbett und Marmorspringbrunnen, wird für Russlands Premier Wladimir Putin gebaut, der offiziell stets nur ein eher dürftiges Einkommen deklariert.

Das Archivbild zeigt Russlands Premier Wladimir Putin und Präsident Dmitrij Medwedjew beim Plausch am Hafen des Küstenortes Sotschi am Schwarzen Meer. Ebenfalls am Schwarzen Meer, in Praskowejewka, wird derzeit ein feudaler Palast gebaut - womöglich für Putin. (Foto: AFP)

In einem offenen Brief hatte sich Kolesnikow kurz vor Silvester an Präsident Dmitrij Medwedjew gewandt. Später hatten Enthüllungsseiten im Internet den Fall aufgegriffen. Nun aber ist die Sache, so dürfte zumindest die russische Führung hoffen, erledigt. "Putins Palast", wie Medien ihn hartnäckig nennen, ist verkauft.

Neuer Eigentümer ist der Geschäftsmann Alexander Ponomarenko, der im vergangenen Jahr durch eine Investition in den Seehandelshafen von Noworossisk aufgefallen war und sich mit Immobilien auskennt. 250 Millionen Euro soll Ponomarenko nach Informationen der russischen Zeitung Kommersant bezahlt haben, und zwar an Nikolai Schamalow, einen früheren regionalen Repräsentanten einer Siemens-Tochter und, so Kolesnikow, Strohmann Putins.

Das ist ein Spottpreis, wenn man Kolesnikows Schätzung von einer Milliarde Dollar bereits getätigter Investitionen für die noch immer nicht fertiggestellte Anlage zugrunde legt. Andererseits bezeichnete eine Maklerfirma im Kommersant jede Geldanlage in Immobilien in Praskowejewka als "Wohltätigkeit": Das Kaff sei nicht Sotschi, wo man sich auf die Winterspiele 2014 vorbereitet, es gebe kaum Touristen, nicht mal die Weingüter hätten nennenswerte Bedeutung.

Für Kolesnikow macht das die Sache nur verdächtiger. Gehört zu den Geschäftspartnern des neuen Eigentümers Ponomarenko nicht Arkadij Rotenberg, ein enger Freund Putins? Eben. "Bei einem Geschäft zwischen dem einen Freund des Premierministers und einem anderen Freund des Premierministers ist die Summe beliebig", so Kolesnikow, der inzwischen in Amerika lebt. Der Verkauf des Palastes ist demnach nur ein Ablenkungsmanöver, um den wahren Eigentümer zu verschleiern.

Das Krisenmanagement der russischen Führung war bislang nicht überzeugend. Zwar hat Putins Sprecher Dmitrij Peskow jede Verbindung Putins zu Praskowejewka dementiert. Und Wladimir Koschin, im Kreml verantwortlich für die Verwaltung präsidialer Angelegenheiten, hatte erklärt: "Wir haben dort nichts gebaut, bauen nichts und werden nichts bauen."

Kurz darauf aber veröffentlichte die Zeitung Nowaja Gaseta ein Dokument über die Errichtung eines Ferienheims auf einem Grundstück von 74 Hektar - unterzeichnet vom Kreml-Beamten Koschin.

Die Palastaffäre fällt in eine Zeit erhöhter Nervosität: Im Dezember stehen Parlamentswahlen an, im nächsten Jahr Präsidentschaftswahlen, und noch halten sich Putin und Medwedjew alle Optionen für die Machtübergabe offen.

Aber in der Bevölkerung rumort es. Die Umfragewerte des Führungsduos haben im Februar den tiefsten Wert seit der Installierung des Tandems erreicht. Die Wut wächst. Inzwischen könnten sich fast 50 Prozent der Befragten vorstellen, an Massenprotesten teilzunehmen. Im Sommer waren es halb so viele.

© SZ vom 04.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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