Energiepolitik:Die USA umwerben wieder Saudi-Arabien

Energiepolitik: Saudi-Arabien ist als Partner gefragt - von Russland, und neuerdings auch wieder von den USA: Blick auf einen Öltanker am Persischen Golf in Saudi-Arabien.

Saudi-Arabien ist als Partner gefragt - von Russland, und neuerdings auch wieder von den USA: Blick auf einen Öltanker am Persischen Golf in Saudi-Arabien.

(Foto: Giuseppe Cacace/AFP)

Riad signalisiert, nun doch mehr Öl zu fördern, um das russische zu ersetzen. Kurz darauf verkündet das Ölkartell Opec+, die Produktion deutlich zu erhöhen. Hintergrund ist offenbar ein geplanter Besuch von US-Präsident Biden im Königreich.

Von Dunja Ramadan

Nun also doch: Saudi-Arabien hat westlichen Staaten signalisiert, die Ausfälle Russlands auf dem Ölmarkt zu kompensieren, falls es wegen der Sanktionen gegen Moskau zu einem Versorgungsengpass kommen sollte, berichtet die Financial Times. Seit Beginn des russischen Krieges in der Ukraine waren die Forderungen westlicher Regierungen an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate verhallt, mehr Öl zu fördern, um die explodierenden Preise zu stabilisieren. Das Entgegenkommen des weltweit größten Erdölexporteurs wirkte sich am Donnerstag bereits auf die Ölpreise aus: Am Morgen kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 114,10 Dollar. Das waren 1,80 Dollar weniger als am Vortag.

Es sei zwar noch kein eindeutiges Versprechen, glaubt Matt Simpson, Marktanalyst bei der britischen Handelsplattform City Index, aber Saudi-Arabien habe dem Westen anscheinend einen Knochen hingeworfen. Bislang haben die Golfstaaten ihre Beziehungen zum Kreml aufrechterhalten und sich nicht den westlichen Sanktionen gegen Moskau angeschlossen.

Seit 2015 haben Saudi-Arabien und Russland ihre wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit vertieft. Nach der Logik des saudischen Kronprinzen ist Russlands Präsident Wladimir Putin jemand, auf den man zählen kann, wenn es hart auf hart kommt. So hat Putin in Syrien und im Umgang mit dem dortigen Machthaber Baschar al-Assad bewiesen, dass er auch dann loyal bleibt, wenn dieser gegen seine eigene Bevölkerung vorgeht und ums politische Überleben kämpft. Menschenrechte spielen im Dialog mit Putin eher keine Rolle, außerdem kann Moskau Druck auf den Erzfeind Iran ausüben.

Dass Saudi-Arabien nun in Kauf nimmt, Moskau vor den Kopf zu stoßen, liegt auch an dem wachsenden Druck der USA und ihrer Verbündeten. Erst Anfang dieser Woche einigte sich die EU nach wochenlangem Ringen auf Importbeschränkungen für russisches Öl. Hinzu kommt, dass die auf Rekordhöhe gestiegenen Benzinpreise US-Präsident Joe Biden wohl dazu getrieben haben, seine distanzierte Haltung zu Saudi-Arabien aufzugeben. Die Beziehungen zu den USA waren zunehmend abgekühlt, vor allem nach der diplomatischen Krise im Zuge der Ermordung des saudischen Regimekritikers Jamal Khashoggi 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul. Khashoggi, ein US-Bürger, schrieb Kolumnen für die Washington Post. Nach Einschätzung des US-Geheimdiensts CIA hatte der saudische Kronprinz und De-facto-Herrscher Mohammed bin Salman die Tötung des Journalisten in Auftrag gegeben.

Die Vorgespräche für Bidens Reise nach Riad sollen auf Hochtouren laufen

Joe Biden, seit Anfang 2021 im Amt, kündigte schon im Wahlkampf eine härtere Gangart gegenüber Saudi-Arabien an. So müssten die Saudis "den Preis zahlen" für Khashoggis Ermordung, gelobte Biden damals. Bereits im Februar 2021 verhängte Washington Sanktionen gegen Dutzende von saudischen Bürgern. Bislang vermied Biden es, bin Salman persönlich zu treffen, er sprach nur mit dessen Vater, König Salman - ein Affront für den mächtigen Thronfolger. Das könnte sich nun ändern.

So will Biden laut US-Berichten noch in diesem Monat nach Saudi-Arabien reisen, um an einem Treffen des Golfkooperationsrates (GCC) teilzunehmen. Unter dem ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama gab es jährliche Treffen in dieser Form - was allerdings nicht bedeutet, dass es wesentlich besser um die bilateralen Beziehungen bestellt war. Zu den GCC-Mitgliedstaaten gehören Bahrain, Kuwait, Katar, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Auch Ägypten, Irak und Jordanien könnten an dem Treffen teilnehmen.

Energiepolitik: Der russische Außenminister Sergej Lawrow trifft bei seinem Besuch in Saudi-Arabien Ende Mai auf seinen Amtskollegen Prinz Faisal bin Farhan al-Saud.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow trifft bei seinem Besuch in Saudi-Arabien Ende Mai auf seinen Amtskollegen Prinz Faisal bin Farhan al-Saud.

(Foto: dpa)

Die Annäherungsversuche Washingtons haben Riad wohl zum Einlenken bewegt. Derzeit sollen die Vorgespräche für die Reise auf Hochtouren laufen. In der vergangenen Woche besuchte eine Delegation aus Washington Saudi-Arabien, angeführt von Brett McGurk, Koordinator für den Nahen Osten. Da der Waffenstillstand in Jemen noch in dieser Woche ausläuft, versucht Washington, diesen hinter den Kulissen zu verlängern, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Saudi-Arabien griff 2015 militärisch an der Spitze einer Koalition aus sunnitisch regierten arabischen Staaten in den Konflikt ein.

Am Donnerstagnachmittag verkündete das Ölkartell Opec+ seine Fördermenge im Sommer deutlich stärker anheben zu wollen. So soll die Tagesproduktion im Juli und August um 648 000 Barrel steigen, zuvor waren es monatlich 430 000 Barrel pro Tag. Zuvor hatte der Bericht des Wall Street Journal eine Debatte ausgelöst, demzufolge einige Mitglieder erwogen hätten, Russland aus dem Verbund auszuschließen. Zu der Gruppe zählen neben den 13 Mitgliedern des Exportkartells weitere Förderländer wie Russland, Mexiko oder Kasachstan. Grund der Überlegungen sei, dass die westlichen Sanktionen die russischen Möglichkeiten beeinträchtigten, mehr Öl zu produzieren. Dies ist nun nicht passiert.

Immerhin war der russische Außenminister Sergej Lawrow erst am vergangenen Dienstag zu Besuch in Saudi-Arabien. Dort traf er auf seinen Amtskollegen Prinz Faisal bin Farhan bin Abdullah al-Saud, der seine Bereitschaft deutlich machte, im Ukraine-Krieg zu vermitteln. Beide lobten "das Niveau der Zusammenarbeit im OPEC+-Format", wie das Außenministerium in Moskau danach mitteilte.

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