Färöer und Russland:Von Piraten und Sanktionsbrechern

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Die Färöer haben zugesagt, dass sie sich an den EU-Sanktionen beteiligen. Trotzdem landen dort noch russische Fischtrawler an. (Foto: imago stock&people/imago/robertharding)

Russische Schiffe dürfen in der EU keine Häfen mehr anlaufen - auf den Färöern aber schon. Trotz der versprochenen Solidarität mit den übrigen Europäern macht die Fischnation offenbar mit Russland noch Geschäfte.

Von Kai Strittmatter, Kopenhagen

Es herrscht Krieg in der Ukraine und ganz Europa hat sich zu einem strengen Sanktionsregime gegen den Angreifer Russland verpflichtet. Ganz Europa? Hoch oben im Norden liegt die kleine Inselgruppe der Färöer, die es mit den eigenen Sanktionsversprechen bislang offenbar nicht so ernst meinen. Die dänische Zeitung Berlingske enthüllte die Färöer am Mittwoch als Sanktionsbrecher: Dem Bericht zufolge lassen die Färöer russische Fischtrawler weiter ihre Häfen anlaufen und erlauben ihnen bis heute, in europäischen Gewässern zu fischen.

Die Färöer sind als autonome Nation Teil des dänischen Königreichs, anders als Dänemark sind sie allerdings nicht Mitglied der Europäischen Union. Rechtlich gesehen sind sie damit an EU-Entscheidungen nicht gebunden. Gleichzeitig haben jedoch sowohl der färingische Außenminister Jenis av Rana als auch der Premierminister Bárður á Steig Nielsen in den vergangenen Wochen mehrmals Russland verurteilt, Solidarität mit der Ukraine gelobt - und versprochen, die Sanktionen des Westens mitzutragen: "Die Färöer sind Teil des Westens und werden sich an den Sanktionen der westlichen Alliierten beteiligen", sagte der färingische Premierminister etwa am 24. Februar, dem Tag des russischen Einmarschs.

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Nun verbieten EU-Sanktionen seit dem 16. April Schiffen unter russischer Flagge das Anlaufen von EU-Häfen. Dass in den Häfen der Färöer auch zwei Wochen später weiterhin reger Verkehr von russischen Fischerbooten herrscht, löst anderswo Unverständnis und Ärger aus. Wenn die Sanktionen effektiv sein sollten, dann müssten sich alle Länder daran beteiligen, zitiert Berlingske einen Abgeordneten der dänischen Einheitsliste in Kopenhagen, der die Färöer auffordert, schnellstmöglich nachzuziehen. Der Geschäftsführer des Dänischen Fischereiverbandes, Kenn Skau Fischer, ereiferte sich gar, die Färöer hätten ohnehin "keinen guten Ruf" und bräuchten sich nicht zu wundern, wenn man sie in der öffentlichen Wahrnehmung in die Nähe von "Piraten" rücke.

Färöer werden beschuldigt, Kriegsgewinnler zu sein

Die Fischerei ist der wichtigste Wirtschaftszweig auf den Färöern und macht 95 Prozent ihrer Exporte aus. Die Nation zog schon nach der russischen Annexion der Krim Blicke auf sich: Damals verbot Russland als Reaktion auf EU-Sanktionen Lebensmittelimporte aus vielen Ländern - nicht aber aus den Färöern, deren Exporte von Lachs, Hering und Makrele nach Russland praktisch über Nacht in die Höhe schnellten. Schon damals war den Färöern vorgeworfen worden, Kriegsgewinnler zu sein. In den vergangenen Jahren brachte der russische Markt den Färöern bis zu 30 Prozent ihrer Exporteinnahmen.

Die färingische Fischindustrie aber kooperiert noch auf einem anderen Feld mit Russland, und das bringt vor allem Fischer im benachbarten Großbritannien auf. Großbritannien und die Färöer einigten sich nämlich Anfang Februar auf eine gemeinsame "Sonderzone" in den Gewässern unweit der schottischen Küste, in der die Flotten beider Nationen fischen dürfen. Doch die Färöer vergaben Lizenzen für die Fischerei dort offenbar weiter an russische Schiffe. Die schottische Regierung äußert sich darüber mittlerweile "tief besorgt". Ian Gatt, ein Vertreter des schottischen Fischerverbandes SPFA sagte der Zeitung Press and Journal, die Färöer verhielten sich "verwerflich": "Die russische Flotte wird auf den Färöern voll versorgt. Und die Erlöse aus den Fängen werden die Kriegsanstrengungen des Kremls weiter anheizen."

Färöer-Außenminister Jenis av Rana versuchte derweil, in der Berlingske die Sache als Missverständnis darzustellen: Man würde ja gerne mitmachen bei den Sanktionen - leider aber fehle das dafür notwendige Gesetz. "Ich wusste auch nicht, dass es so lange dauern würde, ein Sanktionsgesetz zu machen." Es sei nun aber "in Arbeit". Einzelne Unternehmen sind derweil ohne Direktiven der Regierung längst voranmarschiert: Bakkafrost etwa, ein führender Lachsproduzent auf den Färöern, hat seine Verkäufe nach Russland von sich aus eingestellt.

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