Putin auf Reisen:Freundschaftspflege in Duschanbe

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Sind wir noch Freunde? Wladimir Putin mit dem tadschikischen Präsidenten Emomali Rachmon, hier bei einem Treffen in Duschanbe 2019. (Foto: Alexei Druzhinin/Sputnik/AFP)

Der russische Präsident reist nach Tadschikistan, wo er noch einen Verbündeten vermutet. Doch auch die USA ringen um Einfluss und gutes Ansehen in dem zentralasiatischen Land.

Von Frank Nienhuysen, München

Russlands Präsident Wladimir Putin ist erstmals seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine ins Ausland gereist. Im zentralasiatischen Tadschikistan war am Dienstag ein Treffen mit dessen Präsidenten Emomali Rachmon geplant, der zu den engsten Verbündeten Russlands gehört. Rachmon war im vergangenen Jahr der einzige ausländische Staatsgast bei der Siegesparade in Moskau gewesen, in diesem Jahr kam allerdings auch er nicht.

Beide Staaten gehören dem Militärbündnis OVKS (Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit) an. Russland unterhält in dem Land drei militärische Stützpunkte und hat dort etwa 7000 Soldaten stationiert. Tadschikistan ist zudem wegen der Energie-Importe und der mehr als eine Million tadschikischer Wanderarbeiter wirtschaftlich auf Russland angewiesen. Umgekehrt haben Russlands wirtschaftliche Probleme, etwa der Rückgang der Reallöhne, auch Auswirkungen auf die vielen Gastarbeiter.

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In der von Georgien abtrünnigen Region war ein entsprechendes Referendum bereits angesetzt. Doch die Regierung in Moskau stellt sich quer.

Er wolle sich ein Bild von der Lage in Zentralasien machen, sagte Putin und sprach von einer "gemeinsamen Verantwortung" für die Stabilität in der Region. Tadschikistan ist ein Nachbarland von Afghanistan, und mit der Rückkehr der Taliban an die Macht befürchten Russland und Tadschikistan, dass auch in der ehemaligen Sowjetrepublik die Islamisten an Einfluss gewinnen könnten. In Duschanbe sagte Putin nun, er wolle die Beziehungen zu den Taliban verbessern: "Wir tun alles dafür, dass sich die Situation in dem Land normalisiert und versuchen, Beziehungen zu den politischen Kräften aufzubauen, die die Lage kontrollieren."

Moskau hatte seine militärische Präsenz in Tadschikistan verstärkt, ist zugleich aber unruhig, ob auch die USA in Zentralasien um Einfluss konkurrieren. Vor zwei Wochen war der amerikanische General Michael Kurilla in Tadschikistan und kündigte an, dass er Tadschikistan eine Reihe von Flugzeugen und Hubschraubern überlassen wolle, die vom Westen ausgebildete afghanische Einheiten nach ihrer Flucht vor den Taliban zurückließen. "Unsere Hoffnung ist, sie der tadschikischen Regierung zu übergeben", sagte der Leiter des US Central Command. Die Taliban würden sie jedenfalls nicht bekommen.

Spekulation über Wechsel in der Armeeführung

Für den russischen Zentralasien-Experten Alexander Knjasew ist dies ein Beleg für die "spürbar erhöhte Aktivität" der USA in Tadschikistan. Für Kremlchef Putin gehe es deshalb auch darum, sich zu vergewissern, dass Tadschikistan ein zuverlässiger Partner bleibe. Zuletzt hatte das größte und reichste Land Zentralasiens, Kasachstan, deutlich gemacht, dass es Russlands Sicht auf den Ukraine-Krieg nicht mitträgt und nicht bereit ist, die ostukrainischen Gebiete Luhansk und Donezk als eigene Staaten anzuerkennen.

Unterdessen gibt es Spekulationen, dass Putin nach nur zwei Monaten den russischen Oberbefehlshaber für die Ukraine bereits wieder ausgetauscht hat. Das Institute for the Study of War berichtete, dass General Gennadij Schidko "wahrscheinlich" Alexander Dwornikow abgelöst habe. Das Institut schloss dies daraus, dass Schidko bei einem Truppenbesuch von Verteidigungsminister Sergej Schoigu am vergangenen Wochenende in der Ukraine neben ihm saß, Dwornikow jedoch nicht. Eine offizielle Bestätigung aus Russland gibt es dazu bisher nicht.

Dwornikow hatte erst im April den Oberbefehl über Russlands Truppen in der Ukraine erhalten. Er war für seine brutale Einsatzführung in Syrien bekannt. Allerdings war auch Schidko maßgeblich an Russlands Einsätzen in Syrien mitbeteiligt.

Ob die unbestätigten Wechsel in der russischen Militärführung Ausdruck von Putins Unzufriedenheit über den Kriegsverlauf sind, ist schwer einzuschätzen. Das britische Verteidigungsministerium erklärte am Dienstag in einem Lagebericht, dass die russischen Streitkräfte "zunehmend ausgezehrt" seien. Beim Kampf um Sjewjerodonezk seien die Hauptbestandteile von sechs verschiedenen russischen Armeen eingesetzt worden.

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