Russland:Moskau wird aus Trump nicht schlau

Russland: US-Präsident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin beim Gipfel der Asiatisch-Pazifische Wirtschaftsgemeinschaft im November 2017.

US-Präsident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin beim Gipfel der Asiatisch-Pazifische Wirtschaftsgemeinschaft im November 2017.

(Foto: AFP)

Erst gratuliert der US-Präsident dem russischen Präsidenten Putin zur Wiederwahl, dann weist er russische Diplomaten aus. Dennoch wird ein Name in der Kritik Russlands an den USA völlig ausgespart: Trump.

Von Frank Nienhuysen

Vor ein paar Tagen erst hatte Wladimir Putin mal wieder Grund, sich über Donald Trump zu freuen. Der US-Präsident setzte sich über seine eigenen Berater hinweg und gratulierte dem Kremlchef zu dessen Wiederwahl als russischer Präsident. Atmosphärisch muss das Telefonat gut verlaufen sein, denn Putins Sprecher Dmitrij Peskow sprach hinterher sogar von einem möglichen Treffen der beiden Präsidenten, und dass es doch unmöglich sei, Probleme zu lösen, wenn man sich nicht persönlich begegne und das gegenseitige Vertrauen stärke. Mit den Problemen waren eigentlich Themen wie Rüstungskontrolle, Syrien oder Nordkorea gemeint, doch ein großes Problem für Moskau dürfte derzeit auch sein, dass es aus Washington selber nicht recht schlau wird. Und aus Trump wohl auch nicht.

Der machte gerade erst den extrem russland-skeptischen John Bolton zum Sicherheitsberater, und dann übertraf Washington mit der Ausweisung von gleich 60 russischen Diplomaten die übrigen mitmachenden Staaten um das Vielfache. Was nutzt da also Putins demonstrative Achtung für Trump, den er im November als "erzogenen Menschen und angenehm im Umgang" bezeichnet hat? Als jemanden, der "sich in höchstem Maße korrekt und wohlwollend verhält"?

Aus Moskauer Sicht nimmt Trump gerade in Kauf, dass das Verhältnis zwischen den USA und Russland zertrümmert wird. Die Ausweisung der russischen Diplomaten, die Schließung eines ganzen Konsulats - all das zerstört nach Meinung des russischen USA-Botschafters Anatolij Antonow "das Wenige, das von den russisch-amerikanischen Beziehungen übrig geblieben ist".

Besonders perfide findet Antonow den Zeitpunkt des angekündigten Schrittes - nämlich einen Tag nach der Brand-Tragödie in der sibirischen Stadt Kemerowo. Antonow sprach von einer "emotionalen Taubheit und Herzlosigkeit". Der Führung der USA warf er sogar vor, die Ausweisung der Diplomaten vorbereitet und dann nur auf eine passende Gelegenheit gewartet zu haben, um Russland "noch mehr Schmerz zuzufügen".

Von "Schizophrenie", schreibt eine russische Zeitung

Ein schlechtes Verhältnis zu den USA ist für Russland seit Jahren nichts Neues. Auffallend ist bei nahezu allen derzeitigen Äußerungen - ob sie nun von Antonow sind, Peskow oder Maria Sacharowa, der Sprecherin des russischen Außenministeriums -, dass ein Name in der Kritik völlig ausgespart wird: Trump. Als hätte Trump mit der Politik in Washington, der US-Regierung oder den USA in toto nichts zu tun.

Ein ähnliches Phänomen kennt Russland aus dem eigenen Land, wo der russische Staat, die Regierung oder russische Beamte immer wieder verantwortlich gemacht werden für Fehler, Mängel, Versäumnisse, nur eben nicht der Präsident selber. Von "Schizophrenie", schrieb die russische Zeitung Iswestija mit Blick auf die zerrütteten amerikanisch-russischen Beziehungen und dem zugleich "hoffnungsvollen Telefonat" zwischen Putin und Trump.

Andererseits behält sich Moskau einige Optionen offen: Entweder kommen weiter die Hardliner zum Zug oder das Verhältnis wird doch noch besser - dann wird es wohl so betont, als liege das an Putin und Trump persönlich.

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