Hausdurchsuchungen, Festnahmen, strafrechtliche Verfahren: Der russische Staat wendet gerade viele der ihm zur Verfügung stehenden Repressionsmittel gegen die Mitarbeiter des verhafteten Kremlkritikers Alexej Nawalny an, die noch nicht in Gewahrsam genommen wurden. Doch sie rufen weiter zu Massenprotesten in Moskau auf. "Wir arbeiten weiter - Durchsuchungen können uns nicht einschüchtern", schrieb das Team am Freitag an seine Unterstützer. "Es gibt nur eine Antwort auf den Druck der Behörden: noch härter arbeiten."
Zuvor hatte die Polizei das Büro von Nawalnys Anti-Korruptionsfonds durchsucht. Zudem wurden Konten seiner Stiftung sowie zahlreicher Unterstützer eingefroren. Nawalny und sein Team organisieren seit vier Wochen Proteste in Moskau, um faire und freie Wahlen zum Stadtparlament am 8. September zu erzwingen.
An diesem Samstag ist nun eine Kundgebung geplant, für die bis zu 100 000 Teilnehmer angemeldet wurden. Sie wurde von den Behörden zugelassen, weshalb mit weniger Polizeigewalt zu rechnen ist als bei den ungenehmigten Demonstrationen im Moskauer Stadtzentrum an den zwei vergangenen Wochenenden, bei denen mehr als zweitausend Protestierende verhaftet wurden. Allerdings forderten die Veranstalter die Teilnehmer der Demonstration im Anschluss zu gemeinsamen "friedlichen Spaziergängen" auf, die von den Behörden nicht genehmigt wurden. Wer sich an solchen Aktionen beteilige, müsse mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, hieß es von offizieller Seite.
Die meisten der bisher Festgenommenen wurden rasch wieder freigelassen, doch gegen einige von ihnen erließen die Behörden Haftbefehle, weil sie sich angeblich der Bereitschaftspolizei gewaltsam widersetzt hätten. Gegen elf Beklagte wurden Verfahren wegen der Aufwiegelung zu "Massenunruhen" eröffnet. Auf diesen Straftatbestand stehen Haftstrafen von bis zu acht Jahren.
Am Mittwoch hatte die Moskauer Wahlkommission die Anfechtungen etlicher Oppositionspolitiker niedergeschlagen, die nicht zur Wahl zugelassen worden waren - unter ihnen auch Ljubow Sobol, die sich wegen der Annullierung ihrer Kandidatur durch die Behörden seit dem 13. Juli in einem Hungerstreik befindet. Die Wahlkommission argumentiert, dass die betroffenen Kandidaten keine ausreichende Zahl von gültigen Unterschriften vorgelegt hätten. Diejenigen, die Einspruch erhoben haben, bestreiten das.
Anführer des Protests in Gewahrsam genommen
Nawalnys Team teilte unterdessen in sozialen Medien mit, dass es in weiteren russischen Städten zu Solidaritätsaktionen mit der Großdemo in Moskau am Samstag kommen werde. In 40 Städten von Sankt Petersburg bis Wladiwostok seien Demonstrationen geplant, hieß es.
Nachdem fast alle Anführer der Oppositionsbewegung inzwischen von den Behörden in Gewahrsam genommen wurden, rechnen Beobachter nicht damit, dass die Großdemonstrationen in Moskau gut organisiert sein werden. Zumal einige der Verhafteten, die bis zum heutigen Samstag freikommen sollten, erneut für einige Tage inhaftiert wurden.