Der prominente Historiker Jurij Dmitrijew soll für 13 Jahre ins Straflager. Ein Gericht im russischen Karelien verlängerte die ursprüngliche Haftstrafe überraschend um fast zehn Jahre. Der Prozess gegen Dmitrijew gilt als politisch motiviert und ist in Russland einer der meistbeachteten. Der 64-Jährige forscht in Karelien über Massenhinrichtungen unter Josef Stalin, er öffnete Gräber und errichtete Gedenkstätten. Der Vorwurf, er habe seine Stieftochter sexuell missbraucht, solle ihn und seine Forschung diskreditieren, vermutet die Menschenrechtsorganisation Memorial, für die Dmitrijew arbeitet. Der Staatsanwalt hatte 15 Jahre Straflager gefordert, der relativ milde Richterspruch im Juli galt fast als Erfolg. Die Haftstrafe von dreieinhalb Jahren hätte Dmitrijew im November abgesessen. Vor dem neuen Urteil forderten 250 Menschenrechtler, Journalisten, Historiker und Kulturschaffende, den Prozess zu verlegen. Sie halten das Gericht in Karelien für nicht objektiv.
Russland:Historiker muss 13 Jahre ins Lager
Von Silke Bigalke, Moskau
© SZ vom 01.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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