Wolgograd:Mehrere Tote bei Geiselnahme in russischem Gefängnis

Lesezeit: 1 Min.

Einsatzkräfte stehen vor dem Gefängnis. (Foto: AP/AP)

Stundenlang halten Gefangene in einer russischen Strafanstalt ihre Wärter als Geiseln. Am Ende greifen Spezialeinheiten ein. Die Geiselnehmer bekannten sich wohl zum IS.

Eine Geiselnahme in einem russischen Gefängnis ist offiziellen Angaben zufolge mit mindestens acht Toten zu Ende gegangen. Sicherheitskräfte hätten alle vier Geiselnehmer mit gezielten Schüssen getötet, teilte die Nationalgarde laut der Nachrichtenagentur RIA mit.

Die Männer hatten der russischen Gefängnisverwaltung zufolge vier Wärter mit Messern getötet. Weitere Mitarbeiter würden noch im Krankenhaus behandelt. Die Angreifer stellten Videos online, in denen sie sich als Anhänger des Islamischen Staates (IS) beschrieben. Die Filme zeigten grausige Szenen aus der Strafkolonie bei Wolgograd, unter anderem uniformierte Angehörige des Wachpersonals, die in Blutlachen lagen.

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"Während eine Disziplinarkommission tagte, haben Verurteilte Wärter als Geiseln genommen", teilte die Lagerverwaltung mit. Die Angreifer hätten mehrere Stunden acht Gefängnismitarbeiter und vier Sträflinge in ihre Gewalt gebracht.

Präsident Wladimir Putin hatte im Staatsfernsehen erklärt, er werde laufend von der Gefängnisleitung informiert. Innenministerium und die Führung des Inlandsgeheimdienstes FSB sollten Vorschläge machen. Das Lager bezeichnet sich auf seiner Internetseite als "verschärfte" Strafkolonie, die für über 1200 männliche Gefangene ausgelegt ist. Die Forderungen der Geiselnehmer waren unklar. Ein Mann sagte im Video, man gehe ohne Gnade vor. Dies sei eine Antwort auf die Misshandlung von muslimischen Gefangenen im Lager. Nachrichten-Seiten im Internet mit Verbindung zu Sicherheitsbehörden veröffentlichten Namen von vier Angreifern. Sie stammen demnach aus Tadschikistan und Usbekistan.

Zuletzt nahmen in Russland gewaltsame Vorfälle zu, bei denen von einem islamistischen Hintergrund ausgegangen wurde. So hatten im Juni Häftlinge in einem Gefängnis in Rostow rebelliert. Bei der Niederschlagung des Aufstands erschossen Sicherheitskräfte sechs Männer, die Geiseln genommen hatten. Ebenfalls im Juni starben 20 Menschen bei Schießereien in zwei Städten in der russischen Republik Dagestan, eine hauptsächlich von Muslimen bewohnte Region. Im März übernahm der IS die Verantwortung für ein Massaker in einer Konzerthalle in Moskau. Dabei starben mindestens 140 Menschen.

Nach Angaben kremlnaher Telegramkanäle könnten die jetzigen Geiselnehmer Verbindungen zum IS haben. Einer der Angreifer erklärte in einem Video seine Aktion als Rache. Er habe damit die Folter an den Verdächtigen im Zusammenhang mit dem Terroranschlag auf die Moskauer Konzerthalle rächen wollen.

© SZ/Reuters/dpa/jael - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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