Russland:Gas und Politik

Moskau treibt angesichts des Preisverfalls Pläne für einen mächtigen Gas-Verbund voran. Nun rächen sich die Versäumnisse in der Energiepolitik der letzten Jahre.

Sonja Zekri

Auf keinen Fall solle man den geplanten Verbund der Gas-Exporteure "Gas-Opec" nennen, hatte Alexander Medwedjew, der Chef von Gazprom-Export, jüngst gesagt. "Gas-Opec" klingt nach Preisabsprachen und Kartell. Das weckt Ängste.

Wladimir Putin; Reuters

Wladimir Putin auf dem Forum der weltgrößten Gasexport-Länder: Kaum beruhigend, dass der Kreml bald auch noch ein mächtiges Kartell für seine Energiepolitik zur Verfügung hat.

(Foto: Foto: Reuters)

Und in der Tat hat die jüngste Moskauer Offensive bislang noch keine Folgen für die europäischen Verbraucher. Hiesige Abnehmer haben Verträge über zehn, zwanzig Jahre abgeschlossen. Gas lässt sich, anders als Öl, nicht lagern, bis die Preise wieder steigen.

Aber irgendwann enden diese Verträge, und wenn dann auf der anderen Seite des Tisches den europäischen Konsumenten eine globale Marktmacht gegenübersitzt, dürften sie es schwerer haben.

Russland weist oft und zu Recht darauf hin, dass es selbst im Kalten Krieg seinen Lieferverpflichtungen nach Westeuropa stets nachgekommen ist. Politisch unbequemen Energie-Schuldnern wie der Ukraine aber dreht es gelegentlich demonstrativ den Hahn zu, wie vielleicht demnächst wieder. Die Aussicht, dass der Kreml bald auch noch ein mächtiges Kartell für seine Energiepolitik zur Verfügung hat, ist da kaum beruhigend.

Doch Moskau steht selbst mit dem Rücken zur Wand. Lange Zeit hatte Russland auf Eigenständigkeit in Energiefragen bestanden, aber angesichts eines dramatischen Preisverfalls ist es anlehnungsbedürftig geworden, rückt an das Öl-Kartell Opec heran und treibt nun die Pläne für einen mächtigen Gas-Verbund voran.

Inzwischen nämlich rächt sich, dass Moskau in den guten Jahren zu wenig in die Erschließung neuer Reserven investiert und ausländische Unternehmen aus wichtigen Projekten gedrängt hat. Nun sind neue Quellen nötiger denn je, doch das Geld fehlt.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: